Advent 1.8: Wir wollen lieber nicht „entkleidet“, sondern „überkleidet“ werden

Teilnehmer 11: Wenn Paulus im 1. Brief an die Thessalonicher anscheinend sagt, dass die verstorbenen Gläubigen nicht gleich in den Himmel kommen, sieht es denn dann nicht so aus, dass sich Paulus widerspricht?[1]  Im 2. Brief an die Korinther, 2. Kapitel, Verse 1-5, schreibt er jedenfalls: „Denn wir wissen: wenn unser irdisches Haus, diese Hütte, abgebrochen wird, so haben wir einen Bau, von Gott erbaut, ein Haus, nicht mit Händen gemacht, das ewig ist im Himmel.“ Unser irdisches Haus ist unser jetziger Körper. Wenn das abgebrochen wird, also wenn wir sterben, bekommen wir doch sofort danach ein Haus, das ewig ist im Himmel.

 

Teilnehmer 8: Moment mal. Es steht nicht im Text, dass wir mit dem Sterben oder sofort danach den himmlischen Körper bekommen. Wäre dem so, müssten wir uns alle danach sehnen, möglichst bald zu sterben.  Doch Jesus ist gekommen, dass wir das Leben haben, und zwar in überfließender Fülle.[2]

 

Teilnehmer 7: Genau das bringen die nachfolgenden Verse in 2. Korinther 5 zum Ausdruck: „2Denn darum seufzen wir auch und sehnen uns danach, dass wir mit unserer Behausung, die vom Himmel ist, überkleidet werden, 3weil wir dann bekleidet und nicht nackt befunden werden. 4Denn solange wir in dieser Hütte sind, seufzen wir und sind beschwert, weil wir lieber nicht entkleidet, sondern überkleidet werden wollen, damit das Sterbliche verschlungen werde von dem Leben. 5Der uns aber dazu bereitet hat, das ist Gott, der uns als Unterpfand den Geist gegeben hat.

 

Teilnehmer 6: Aha. Wir sehnen uns nach der Rückkehr Christi bei unseren Lebzeiten, weil wir dann gar nicht erst entkleidet werden, also sterben, sondern sofort überkleidet werden, also einen himmlischen Körper bekommen. Und diese Überkleidung findet auch für die bereits Gestorbenen erst statt, wenn Christus zurückkommt.

 

Teilnehmer 2: Es gibt also tatsächlich keinen Widerspruch zwischen 1. Thessalonicher 4 und 2. Korinther 5. Paulus greift vielmehr in 2. Korinther 5 auf, was er im ersten Brief an die Korinther, Kapitel 15, geschrieben hat, nämlich, dass es einen irdischen Körper und einen himmlischen Körper gibt. In Vers 40 heißt es: „Und es gibt himmlische Körper und irdische Körper; aber eine andere Herrlichkeit haben die himmlischen und eine andere die irdischen.“ Und nach 2. Korinther 5,4 sind wir beschwert und nicht erfreut, dass wir durch den Tod den irdischen Körper los werden. Wir sind dann nackt, entkleidet. Den himmlischen Körper bekommen wir aber erst in der Auferstehung. Und wir bekommen ihn nicht im Himmel, sondern aus dem Himmel.

 



[1] Die Frage brachte Georg Schmid ein und wies zu 2. Korinther 5, 1-9, auf den Text der Elberfelder Bibel hin: „Denn wir wissen, dass, wenn unser irdisches Zelthaus zerstört wird, wir einen Bau von (oder: „aus“) Gott haben, ein nicht mit Händen gemachtes, ewiges Haus in den Himmeln. Denn in diesem freilich seufzen wir und sehnen uns danach, mit unserer Behausung aus dem Himmel überkleidet zu werden, insofern wir ja bekleidet, nicht nackt befunden werden. Denn wir freilich, die in dem Zelt sind, seufzen beschwert, weil wir nicht entkleidet, sondern überkleidet werden möchten, damit das Sterbliche verschlungen werde vom Leben. So sind wir nun allezeit guten Mutes und wissen, dass wir, während 'einheimisch' im Leib, wir vom Herrn 'ausheimisch' sind - denn wir wandeln durch Glauben, nicht durch Schauen -; wir sind aber guten Mutes und möchten lieber 'ausheimisch' vom Leib und 'einheimisch' beim Herrn sein. Deshalb setzen wir auch unsere Ehre darein, ob 'einheimisch' oder 'ausheimisch', ihm wohlgefällig zu sein.“ – Durch den Text in der Elberfelder wird vielleicht noch deutlicher, dass unser neuer Körper bei der Auferstehung aus dem Himmel kommt. In diesem neuen Körper werden anscheinend von der Erde aus dem HErrn entgegengerückt in die Luft. Das heißt, dass wir nicht im Himmel sein müssen, um den Leib aus dem Himmel zu empfangen.

[2] Johannes 10. 10.

 

Titelbild: Von der Raupe zum Schmetterling. Nicht als Raupe endgültig sterben, sondern als Schmetterling hervorgehen und ewig leben. Lisa Redfern, Pixabay.

 

Teilnehmer 3: Kannst Du das noch etwas deutlicher belegen?

 

Teilnehmer 2: Ja. 1. Korinther 15, Verse 50 bis 52: „Das sage ich aber, liebe Brüder, dass Fleisch und Blut das Reich Gottes nicht ererben können;[1] auch wird das Verwesliche nicht erben die Unverweslichkeit. 51Siehe, ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden; 52und das plötzlich, in einem Augenblick, zur Zeit der letzten Posaune. Denn es wird die Posaune erschallen und die Toten werden auferstehen unverweslich, und wir werden verwandelt werden.“

 

Teilnehmer 5: Das ist in der Tat genau so wie es in 1. Thessalonicher 4 beschrieben wird: Zur Zeit der letzten Posaune, also bei der Wiederkehr Christi, erhalten sowohl die Toten in Christus wie die Lebenden in Christus ihren unverweslichen himmlischen Körper. Sie erhalten ihn aus dem Himmel. Sie werden damit überkleidet und sind nicht mehr nackt.

 

Teilnehmer 6: Und doch schreibt Paulus im 2. Korintherbrief, Kapitel 5, Verse 6-8, davon, dass wir Lust haben, den Leib, und zwar den irdischen Leib zu verlassen: So sind wir denn allezeit getrost und wissen: solange wir im Leibe wohnen, weilen wir fern von dem Herrn; 7denn wir wandeln im Glauben und nicht im Schauen. 8Wir sind aber getrost und haben vielmehr Lust, den Leib zu verlassen und daheim zu sein bei dem Herrn.“

 

Teilnehmer 1: Ja natürlich ist es eine Lust, den irdischen Leib hinter uns zu lassen, aber eben nur dann, wenn wir gleichzeitig den himmlischen Leib anziehen können oder damit überkleidet werden. Das ist die Verwandlung derer, die noch leben, wenn Jesus zurückkommt. Darauf warten wir mit Lust. Aber der Tod bringt dafür gar nichts. Die Toten bekommen den himmlischen Leib nicht eher, sondern auch erst bei der Rückkehr Christi.[2] Die Thessalonicher zum Beispiel kommen gar nicht auf den Gedanken, dass die Toten den bei der Rückkehr Jesu Lebenden zuvor kommen könnten. Vielmehr scheint ihre Sorge zu sein, dass die bereits Gestorbenen dann vergessen werden. Darum rückt Paulus die Dinge ins rechte Licht.

 

Teilnehmer 7: Gut. Kommen wir zurück auf das memento mori in Psalm 90, auf die Notwendigeit, zu bedenken, dass wir sterben müssen. Wir könnten die biblischen Berichte über das Sterben von Menschen Gottes heranziehen, um eine Zielvorstellung von dem eigenen Sterben herauszubilden – vielleicht beginnend mit dem, der Psalm 90 geschrieben hat, also Mose.

 



[1] Das Reich Gottes wird in voller Fülle erst da sein, wenn Jesus als König zurückkommt – das Reich Gottes mit dem Messias Gottes als König. Was wir jetzt davon sehen oder leben können, ist „Angeld“ oder „Vorgeschmack“.

[2] Dieser Auffassung ist auch Arnold G. Fruchtenbaum, Die Ergänzung zum Handbuch der biblischen Prophetie, Gerth Medien 2007, S. 186 ff. Er geht jedoch von einer lebendigen Existenz der Seelen ohne Körper aus und begründet das mit den Engeln. Es ist jedoch fraglich, ob die Menschen ohne Körper eine bewusste Existenz haben können. Sie sind ja keine Engel und sie sind auch nicht Gott, der ebenfalls ohne Körper zu existieren scheint. Fruchtenbaum lehrt, dass der Tod den Menschen in die Gegenwart Gottes führt – ebenda, S. 207. Dabei beruft er sich außer auf 2. Kor. 5 auf Apg. 7,59. Hier sagt aber Stephanus lediglich „Herr Jesus, nimm meinen Geist auf“. Ähnliches hatte Jesus, allerdings an Gott gewandt, am Kreuz gesagt, ohne damit bereits persönlich in die Gegenwart Gottes im Himmel zu treten. Vielmehr befindet er sich anschließend drei Tage und drei Nächte tot im Grab. Fruchtenbaum bezieht sich weiter auf Philipper 1,23: „Ich habe Lust abzuscheiden und bei Christus zu sein ...“. Nach diesem Erleben sehnen wir uns wohl alle, aber heißt das schon, dass die Toten doch den noch Lebenden zuvor kommen? Oder heißt es nur, dass wir mit dem Tod eben auch der weiteren Mühen in diesem Leben enthoben sind, um im nächsten bewussten Moment Christus zu erleben? In Offenbarung 6, 9-11, scheinen die Märtyrer nur für einen Moment Rache zu verlangen, um dann aufgefordert zu werden, weiter zu ruhen. Außerdem: Könnte hier wie ebenso in Kapitel 7, 9-17, nicht von bei der Wiederkunft Christi Auferweckten die Rede sein?