Auferstehung 2.4:  Gegen das ständige Vergleichen untereinander (gegen den „ewigen“ Komparativ)

Teilnehmer 2: Nach der Unterhaltung mit Petrus über seine Liebe zu ihm beschreibt Jesus eine Haltung, ohne die seine Aufträge wohl nicht ausgeführt werden können. In Johannes 21, Vers 18, sagt er: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Als du jünger warst, gürtetest du dich selbst und gingst, wo du hinwolltest; wenn du aber alt wirst, wirst du deine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich gürten und führen, wo du nicht hinwillst.

 

Teilnehmer 12: Heißt das, das Petrus von einem Anderen gegürtet und geführt wird, wenn er so alt ist, dass er nicht mehr sehen kann? Verliert er dann seinen eigenen Willen?[1]

 

Teilnehmer 11: Das griechische Wort hier ist γηρασης (gärasäs) von γηρασκω (gäraskoo)[2]. Es bedeutet «altern, alt werden»,  aber insbesondere, wenn es um Frucht geht, bedeutet es «reifen». [3]

 

Teilnehmer 10: Und wer ist der Andere, der ihn dann führt?

 

Teilnehmer 9: Kein anderer als Jesus, der ihm kurz darauf sagt: Folge mir nach. Ihm gegenüber wird Petrus nicht seinen Willen aufgeben, sondern sich freiwillig nach dem Willen Jesu richten. Nicht weil er schwach ist, sondern weil er einsieht, dass seine eigene Ein- und Weitsicht unzureichend ist. Das war ja gerade der Fall, als er die anderen Jünger aufforderte, mit ihm Fischen zu gehen auf dem See Genezareth.

 

Teilnehmer 3:  Über diesen einen Vers habe ich ein ganzes Büchlein von dem Schweizer Wim Malgo gelesen. Christen noch jung im Glauben gehen gern die eigenen Wege und sagen: Gott, geh mit uns. Mit zunehmendem geistlichen Wachstum wächst das Vertrauen in Gott und sie nehmen Aufträge auch dann wahr, wenn sie ins Gefängnis führen.[4]

 

Teilnehmer 4: Wir sollten nicht außer Acht lassen, dass die Lutherfassung wie viele andere Übersetzungen auch in Vers 19 ein Wort enthält, dass in einigen kritischen Texten nicht vorkommt, nämlich das Wort „Tod“[5]: „Das sagte er aber, um anzuzeigen, mit welchem Tod er Gott preisen würde. Und als er das gesagt hatte, spricht er zu ihm: Folge mir nach!“ Lassen wir das Wort „Tod“ weg, wird die Bedeutung des Satzes viel weiter: „Das sagte er aber, um anzuzeigen, womit er Gott preisen würde. Und als er das gesagt hatte, spricht er zu ihm: Folge mir nach!“

 

Teilnehmer 5: Vom Kontext her liegt das nahe. Es geht ja darum, dass Petrus die ganze Gruppe angestiftet hatte, wieder auf dem See Genezareth fischen zu gehen, obwohl Jesus ausdrücklich zu Petrus und Andreas gesagt hatte: „Als nun Jesus am Galiläischen Meer entlangging, sah er zwei Brüder, Simon, der Petrus genannt wird, und Andreas, seinen Bruder; die warfen ihre Netze ins Meer; denn sie waren Fischer. Und er sprach zu ihnen: Folgt mir nach; ich will euch zu Menschenfischern machen!“[6]

 

Teilnehmer 6: Wenn wir weiter lesen, könnte es aber doch um den Tod gehen[7]: Petrus aber wandte sich um und sah den Jünger folgen, den Jesus lieb[8] hatte, der auch beim Abendessen an seiner Brust gelegen und gesagt hatte: Herr, wer ist's, der dich verrät? Als Petrus diesen sah, spricht er zu Jesus: Herr, was wird aber mit diesem? Jesus spricht zu ihm: Wenn ich will, dass er bleibt, bis ich komme, was geht es dich an? Folge du mir nach! Da kam unter den Brüdern die Rede auf: Dieser Jünger stirbt nicht. Aber Jesus hatte nicht zu ihm gesagt: Er stirbt nicht, sondern: Wenn ich will, dass er bleibt, bis ich komme, was geht es dich an?“

 



[1] Diese Fragen stellte Heinz Hüls.

[2] Guillemette, S. 80: 2. Person Singular Konjunktiv Aorist aktiv.

[3] Menge-Güthling, S. 147.

[4] Daran erinnerte sich Tao Li Ma.

[5] Darauf machte Georg Schmid aufmerksam. Er verweist auf die Studienbibel und die 26. Auflage des Nestle-Alandt. Es handelt sich um MS 1342. Eine Randbemerkung in MS 31 besagt, dass auch andere alte Quellen an dieser Stelle das Wort „Tod“ nicht enthalten. In einigen alten Handschriften wie MSS 1226, 1238 und 2181wird Vers 19 fast ganz weggelassen außer „Folge mir nach.“

[6] Matthäus 4, 18-19.

[7] Das gab ebenfalls Georg Schmid zu bedenken.

[8] Ηγαπα (ägapa) von αγαπαω (agapaoo).

 

Teilnehmer 7: Das macht klar und deutlich, dass wir nicht spekulieren sollen, sondern genau lesen, was da geschrieben steht oder gesagt wird, nicht mehr und nicht weniger, und nicht hinein lesen, was gar nicht da steht.[1]

 

Teilnehmer 1: Das ist nun aber doch einigermaßen verwirrend. Oder auch nicht. Der Gedanke an Tod und Sterben wird ja in Vers 23 ausdrücklich zurück gewiesen. Andererseits: Was soll man sich darunter vorstellen, wenn Jesus sagt: „Wenn ich will, dass er bleibt, bis ich komme“? Muss man dann nicht denken, dass Petrus auf keinen Fall in Erfüllung seines gerade neu empfangenen Auftrages am Leben bleibt, bis Jesus zurück kommt? Um was für eine Art „bleiben“ soll es denn sonst gehen?

 

Teilnehmer 1: Spricht dafür nicht auch, was Petrus in seinem zweiten Brief, 1. Kapitel, Verse 13-14, schreibt: „3Ich halte es aber für richtig, solange ich in dieser Hütte bin, euch zu erwecken und zu erinnern; 14denn ich weiß, dass ich meine Hütte bald verlassen muss, wie es mir auch unser Herr Jesus Christus eröffnet hat.“[2]

 

Teilnehmer 2: Das ist aber nicht so ohne weiteres nachzuvollziehen. In seinem Brief spricht Petrus viel später davon, dass Jesus ihm eröffnet hat, dass er bald stirbt. Dieses Sterben ist aber nicht unbedingt Nachfolge, sondern das Ende des Weges der Nachfolge hier unter diesen Bedingungen sterblichen Lebens. Es sei denn, es ist ein Sterben im Zeugenstand – also Sterben durch Hinrichtung des Glaubens wegen. Das wird aber im Falle von Petrus allgemein angenommen.

 

Teilnehmer 3: Nachfolge in den Tod? In den ganzen Berichten nach der Auferstehung geht es um Weisungen zum Leben, zu Gemeinschaft, Hirtenamt und Mission - nicht um den Tod, noch nicht einmal die eigene Auferstehung oder gar ein Weiterleben im Himmel direkt nach dem Sterben, was eigentlich das wäre, was die Schlange in 1.Mose 3,4 sagt: „Ihr werdet keineswegs des Todes sterben ...“.

 

Teilnehmer 4: Es ist bemerkenswert, dass Jesus während der ganzen 40 Tage zwischen Auferstehung und Himmelfahrt kein Wort über das Totenreich verliert. Dennoch: Wenn hier  vom Tod die Rede ist, gibt das auch Sinn: Nachfolge ist wichtiger als das Leben hier und jetzt – heißt, wenn Nachfolge unser Sterben erfordert, unser Sterben im Zeugenstand und/oder in der Gewissheit, dass uns nichts von der Liebe Gottes scheiden kann, auch nicht der Tod[3], wird es unser Gewinn sein – wie bei Jesus.

 

Teilnehmer 5: In Offenbarung 2,10b, heißt es: „Sei getreu bis an den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben.“[4] Wenn die Nachfolge nicht unseren Tod erfordert, ist es auch gut: Jesus ist für uns gestorben und wir werden nicht im Tod bleiben.

 

Teilnehmer 6: Immerhin, wie schon gesagt: MS (Manuskript) 1342 lässt das Wort „Tod“ in Johannes 21,19 aus. Eine Randbemerkung in MS 1342 erläutert, dass auch andere Quellen diese Lesart ohne das Wort „Tod“ haben. In einigen alten Handschriften wird der Satzteil in Johannes 21,19 von „Das sagte er aber...“ bis „gesagt hatte“ ganz weggelassen, so dass Vers 19 lediglich lauten würde: „Spricht er zu ihm: Folge mir nach.“ Das „Spricht er zu ihm“ unterstreicht dann sozusagen, dass Jesus zusammenfasst, worauf es ihm in Vers 18 ankommt – dass Petrus sich von demjenigen gürten und führen lassen soll, von dem sich auch Jesus führen ließ: JHWH.[5]

 

Teilnehmer 7: Es bleibt die Frage, ob wir etwas darüber wissen, dass Petrus zu etwas geführt wurde, wohin er nun wirklich nicht wollte.

 



[1] Das unterstrich Georg Schmid.

[2] Das stellte Georg Schmid zur Diskussion.

[3] Römer 8,38.

[4] Bis an: hier griechisch αχρι (achri) – bis an, bis zu, bis auf; Menge-Güthling, S. 128.

[5] Zu den alten Handschriften, die den genannten Satzteil weglassen, gehören die MSS 1226, 1238 und 2181.

 

Titelbild: Vergleichen. Foto von Shelley Shang, Suzhou/China;

2419310.amp;utm_content=1381094">Pixabay.