Leiden 0.2:  Was heißt es, sein Kreuz zu tragen?

Teilnehmer 2: Während sich das Töten der Passalämmer auf dem Tempelberg schnell vollzieht, dauerte das Töten unseres Passalamms über sechs Stunden, und da war es schon vorher halb tot geschlagen und auf vielen anderen Wegen verwundet.

 

 

 

Teilnehmer 3: Beginnen wir chronologisch mit Markus 15, 20b-23: Und sie führten ihn hinaus, dass sie ihn kreuzigten. Und zwangen einen, der vorüberging, mit Namen Simon von Kyrene, der vom Feld kam, den Vater des Alexander und des Rufus, dass er ihm das Kreuz trage[1]. Und sie gaben ihm Myrrhe in Wein zu trinken; aber er nahm's nicht.“

 

 

 

Teilnehmer 4: Da nehmen wir doch gleich Johannes 19, 17 hinzu. Manche sehen hier einen Widerspruch, der sich aber leicht auflösen lässt: „und er (Jesus) trug sein Kreuz und ging hinaus zur Stätte, die da heißt Schädelstätte, auf Hebräisch Golgatha.“[2] Das, was Markus schreibt, ist wörtlich zu nehmen. Johannes gebrauchte einen bildlichen Ausdruck im Sinne von Auftrag oder Bestimmung. Das hölzerne Kreuz oder den hölzernen Stamm trug Simon von Kyrene, das Kreuz oder den Auftrag unserer Versöhnung mit Gott (Jesaja 53,4-6; Kolosser 2,14) trug Jesus.

 



[1] Nach etwa 40 Stunden Verhör und schwerster Folter durch eine Kohorte, also etwa 400 Soldaten, war Jesus nicht mehr in der Lage, selbständig zu gehen, geschweige denn, das Holzkreuz oder den Holzstamm zu tragen, an dem er aufgehängt werden sollte. Die hier benutzten griechischen Wörter für abführen oder hinausführen können auch mit „hinter sich her schleifen“ oder „tragen“ übersetzt werden.

[2] Die griechischen Worte für tragen sind unterschiedlich. Im ersten Fall ist es αιρω, im zweiten Fall βασταςω, das auch in Lukas 14,27, Matthäus 8,17, Galater 6,2 und 6,17 verwendet wird.

 

Teilnehmer 5: Das ist wohl auch für uns persönlich nicht ganz unwichtig. Das Kreuz unserer Nachfolge ist demnach nicht das hölzerne Kreuz, sondern unser persönlicher Auftrag – spezifisch und generell, wie es zum Beispiel in Galater 6,2 zum Ausdruck kommt: „Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“[1]

 

Teilnehmer 12: Wie geht das denn ganz praktisch, des anderen Last zu tragen?

 

Teilnehmer 11: Meines Erachtens tun wir das alle auf sehr verschiedene Art und Weise. Die Fürbitte füreinander ist ein wichtiger Teil. Die Leitung von Jonas Haus, die Mitarbeit bei Teen Challenge, die Seelsorgearbeit im Rahmen von Aufbruch leben, Handreichungen in der Familie, unter Nachbarn und Kollegen, Zuhören, Trösten, Ermutigen, für Freude und Hoffnung sogen gehören dazu. Die Reihe ließe sich im Konkreten „unendlich“ fortsetzen.

 


[1] Diese wechselseitige Unterstützung ist zum Beispiel auch in Eph. 4, 15 und 16, beschrieben. Die Lebensweise wechselseitiger Unterstützung im Leib Christ, der Gemeinde, ist erquickend, wie wir Matth. 11, 28-30, entnehmen können: „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.“ – Was können wir von Jesus lernen? Im Kern, sanftmütig und demütig gegenüber dem himmlischen Vater zu sein, um damit Ruhe für unsere Seelen zu finden.  Denn der himmlische Vater kümmert sich um jedes Haar von uns – Matthäus 10, 29-31. Vgl. auch den Hauskreisdialog „Glück 3: Das Erdreich besitzen“.

 

Titelbild: Jesus kann das Kreuz nicht mehr tragen. Simon von Kyrene muss es tun. Gemälde von James Tissot, zwischen 1886 und 1894 - Online Collection of Brooklyn Museum; Photo: Brooklyn Museum, 2008, 00.159.281_PS2.jpg, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=10904702.