Offb. 1.4: Nochmal die Absender - und auch die Adressaten

 

Leonhard: 4Johannes an die sieben Gemeinden in der Provinz Asia: Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt, und von den sieben Geistern, die vor seinem Thron sind, 5und von Jesus Christus, welcher ist der treue Zeuge, der Erstgeborene von den Toten und Fürst der Könige auf Erden! Ihm, der uns liebt und uns erlöst hat von unsern Sünden mit seinem Blut 6und uns zu einem Königreich gemacht hat, zu Priestern vor Gott und seinem Vater, dem sei Ehre und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.7Siehe, er kommt mit den Wolken, und es werden ihn sehen alle Augen und alle, die ihn durchbohrt haben, und es werden wehklagen um seinetwillen alle Stämme der Erde. Ja, Amen.

 

8Ich bin das A und das O, spricht Gott der Herr, der da ist und der da war und der da kommt, der Allmächtige.

 

John: Wer sind die unmittelbaren und die mittelbaren Adressaten der Offenbarung?

 

Robert: Die unmittelbaren Adressaten sind nach Vers 4 offenbar die sieben Gemeinden in der Provinz Asien, die später in Vers 11 namentlich genannt werden; mittelbar sind es aber nach Vers 3 wohl alle Leser und Hörer. Das dürfte auch der Grund sein, warum die Offenbarung des Johannes in den für die Christenheit verbindlichen Kanon der heiligen Schriften aufgenommen worden ist.

 

Meinhard: Nachdem Johannes als der Autor des Buches der Offenbarung genannt ist, der aufschreibt, was er von einem Engel als Offenbarung Gottes an Jesus empfangen hat, kommt eine gewaltige Grußformel, wenn man überhaupt von einer Formel sprechen will. Da scheinen mir vielmehr schon sehr komplexe Aussagen drin zu stecken, die wir uns in Ruhe ansehen sollten.

 

Heinrich: Es beginnt mit dem Überbringen des Gnaden- und Friedensgrußes. Die Gnade und der Friede haben offenbar drei Absender. Der erste Absender ist Gott. Er ist der, der da ist und der da war und der da kommt - mit dem, was er für die Zukunft vorgesehen hat.

 

John: Woher weißt Du, dass das Gott ist? Kann es nicht auch Jesus Christus sein?

 

Heinrich: Nein, Jesus Christus kann es meiner Meinung nach nicht sein, weil der in Vers 5 als dritter Absender von Gnade und Frieden genannt wird. Und in Vers 8 weist sich Gott ausdrücklich als derjenige aus, der da ist und der da war und der da kommt.

 

John: Der zweite Absender, genauer eine ganze Gruppe von Absendern, ist mir sehr rätselhaft: Die sieben Geister, die vor seinem Thron, nämlich vor Gottes Thron sind. Wer ist das?

 

Robert: Hebräer 1, 13-14, klärt uns darüber auf, dass die Engel als dienstbare Geister bezeichnet werden, ausgesandt zum Dienst um derer willen, die das Heil ererben sollen. [1] Johannes hat gerade erklärt, dass er an die sieben Gemeinden in der Provinz Asia schreibt. Es liegt also nahe, dass er auch Grüße von den Engeln vor Gottes Thron ausrichtet, die diesen sieben Gemeinden dienen.

 



[1] Vgl. zu den verschiedenen Bedeutungen von Geist und Geistern in der Bibel E.W. Bullinger, Companion Bible, Zondervan, Ap. 101 „The Usage of Pneuma in the New Testament (S.  146 f.), hier insbesondere II.11.


Titelbild: Die Orte der Gemeinden, an deren Boten die Offenbarung des Johannes zunächst gerichtet ist. Die sieben Gemeinden der damaligen römischen Provinz Asia, heute Türkei. Abbildung gefunden über livenet.ch, Das Webportal von Schweizer Christen.

 

 

 

Richard: Ich möchte darauf hinweisen, dass die Zahl 7 die Zahl des Bundes ist und in der Offenbarung des Johannes immer wieder auftaucht. Das hebräischen Wort für 7, „sheba“, ist die Wurzel des Wortes „nishba“, was bedeutet, einen Eid zu nehmen oder zu schwören oder sich zu verbünden. Zu schwören oder sich zu verbünden heißt im Hebräischen wörtlich „sich zu sieben zu machen“. Die 7 taucht im siebenarmigen Leuchter (der Stiftshütte) ebenso auf wie in den 7 Gemeinden, den 7 Sternen, den 7 Leuchtern, den 7 Siegeln, den 7 Schalen, den 7 Donner, den 7 Trompeten oder Posaunen oder den 7 Boten der Offenbarung des Johannes.[1]

 

Meinhard: Eine Reihe von Exegeten bringt die sieben Geister in Zusammenhang mit der Beschreibung von Eigenschaften des Geistes Gottes in Jesaja 11,2. Es wären demnach nicht sieben Wesen, sondern Eigenschaften des Geistes Gottes. Vielleicht überzeugt dies nicht so recht, weil in Offenbarung 1,4 von sieben Geistern die Rede ist, aber in Jesaja 11,2 nur sechs Eigenschaften genannt werden. Doch wenn wir die 7 als Zahl des Bundes nehmen, dann könnte es doch die sechs Eigenschaften beinhalten und etwas Siebtes könnte das ganze vollenden, wie es der Sabbat tut.

 

Heinrich: Und dann kommt der dritte Absender von Gnaden- und Friedenswünschen, nämlich Jesus Christus. „Es werden die Qualitäten dieses Menschen hervorgehoben: Er ist

- der treue Zeuge;

- der Erstgeborene von den Toten; gerade das zeigt, dass er

  Mensch ist, denn Gott und die Engel sind nicht sterblich.

- Herr über die Könige auf Erden.

 

Meinhard: Wer sind die Könige auf Erden, über die Jesus der Herr ist? Sind damit nur die gemeint, die sich als Könige bezeichnen, oder gehören dazu auch die Präsidenten oder  Kanzler von Republiken?

 

Heinrich: Ich glaube, dass wir da Vers 6 einbeziehen müssen.

 

Friedrich: Aha. Da wird hervorgehoben, in welcher Beziehung dieser Mensch Jesus zu uns steht:

- er ist der, der uns liebt;

- der uns erlöst hat von unseren Sünden mit seinem Blut;

- der uns zu einem Königreich und Priestern vor Gott, seinem

  Vater und unserem Vater, gemacht hat. Jesus ist der Herr, der 

  Herrscher[2] derKönige[3] der Erde, und diese Könige sind wir.

 

Heinrich: Gerade letzteres ist einer besonderen Betonung wert. Dazu im nächsten Abschnitt.

 

 



[1] Vgl. J.E. Leonard, come out of her, My people, S. 30-32.

[2] Griechisch: ο αρχων (ho archoon).

[3] Griechisch: των βασιλεων (toov basileoov; Genitiv).

 

 

 

 Bild: Königliche Krone. Foto von alanajordan, Pixabay.