Pfingsten 2.5: Jeder Christus-Gläubige kann den heiligen Geist auf neun Wegen zur Auswirkung bringen

Teilnehmer 7: Zunächst noch mal zu der Gleichheit der größten Gnadengaben, nämlich dem heiligen Geist vom Vater für alle Gläubigen in Vers 7 von 1. Korinther 12: „In einem jeden offenbart sich der Geist zum Nutzen aller;“ Die Interlinear übersetzt: „Jedem aber wird gegeben die Offenbarung des Geistes gemäß dem Nutzen.“

 

Teilnehmer 8: Das „aber“, das die Lutherfassung weg lässt, finde ich hier ziemlich wichtig, weil es diesen Vers in einen gewissen Kontrast zu den vorhergehenden Versen setzt. Die vorhergehenden Verse sagen, dass den einzelnen Gläubigen die Gnadengaben, Dienste und Wirkungen in verschiedener Ausprägung oder sogar in Unterschiedlichkeit wie z.B. Ehe und Ehelosigkeit gegeben werden. Hier wird noch einmal betont, dass der Geist jedem Gläubigen zum Nutzen aller gegeben wird.

 

Teilnehmer 9: Dabei sollten wir auch das Wort „Offenbarung“ unter die Lupe nehmen. Es handelt sich nicht um das griechische Wort αποκαλυπσις (apokalypsis), das benutzt wird, wenn Gott den Menschen etwas offenbart. Hier geht es um φανεροσις (phanerosis). Das ist das Substantiv zu dem Wort φανερος (phaneros). Es bedeutet leuchtend, sichtbar, in die Augen fallend, offenbar, offenkundig, deutlich, öffentlich, hervortretend usw.[1] Jedem Gläubigen ist die Offensichtlichkeit oder das Offenkundigmachen des Geistes zum Nutzen aller gegeben. So ist es nun nicht mehr Gottes Sache, den Geist offenkundig zu machen, sondern die Sache jedes einzelnen Gläubigen.

 

Teilnehmer 10: Dann versuchen wir doch auch hier eine erweiterte Übersetzung, die diese Informationen aufnimmt. (7) Bei aller Verschiedenheit in der Ausprägung, der Art und Weise und der Schwerpunktbildung der Gnadengaben, Dienste und Wirkungen ist aber ganz entschieden festzuhalten, dass es bei Gott kein Ansehen der Person gibt und er jedem das Offenkundigmachen[2] des Geistes in der Welt der Sinne zum Nutzen aller, zum gemeinsamen Nutzen gegeben hat.[3]

 



[1] Vgl. Menge-Güthling, S. 722.

[2] Die King James übersetzt das griechische Wort φανεροσις (phanerosis) mit „Manifestation“, was den Nagel auf den Kopf trifft.

[3] In seiner Ausarbeitung „III. Wege zur Erfahrung von Feuer und Kraft“, verteilt im Mai 2012, hat Wolfhard Margies, Leitender Pastor der Berliner Gemeinde auf dem Weg, eindringlich darauf aufmerksam gemacht, dass die Gabe des heiligen Geistes von hohem Nutzen ist (insbesondere Seiten 2 und 11). „Es ist gut für euch“, heißt es in Joh. 16,7 in der Lutherfassung. Im Griechischen steht: συμφερει υμιω – es nützt euch. – Das Offensichtlichmachen des Geistes erinnert an die zehn Jungfrauen oder an die Talente, von denen Jesus in Matthäus 25 spricht. Die Lampen der Jungfrauen müssen brennen, wenn der Bräutigam kommt, um sie in seine neue Wohnung zu holen – Joh. 14,2-3. Für die neuen Wohnungen sorgt Jesus. Unsere Aufgabe ist, dass unsere Lampen brennen. Dann kann die Hochzeit stattfinden. (Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass das Gleichnis von den 10 Jungfrauen an Israel gerichtet ist und nicht an die Gemeinde.) Vgl. zur Hochzeitssprache in diesem Zusammenhang Rob Bell „Sex.Gott. Worum es eigentlich geht“, Brunnen Verlag Gießen 2008, insbes. S. 173-176.

 

Teilnehmer 11: Das lässt dann womöglich auch die folgenden Verse 8-10 in einem anderen Licht erscheinen: „dem einen (jeden?) wird durch den Geist gegeben, von der Weisheit zu reden; dem andern wird gegeben, von der Erkenntnis zu reden, nach demselben Geist; 9einem andern Glaube, in demselben Geist; einem andern die Gabe, gesund zu machen, in dem einen Geist; 10einem andern die Kraft, Wunder zu tun; einem andern prophetische Rede; einem andern die Gabe, die Geister zu unterscheiden; einem andern mancherlei Zungenrede; einem andern die Gabe, sie auszulegen.“

 

Teilnehmer 12: Ja, es kommt darauf an, ob wir als Bezug für „dem einen“ oder „zu einem“ das Wort „jedem“ nehmen und es abwandeln in „dem einen, dem anderen, dem nächsten usw, das am Anfang des Satzes steht, oder das Wort „Nutzen“, das am Ende des Satzes steht. In der Regel bezieht man sich mit einem Relativpronomen auf das zuletzt genannte Wort, hier also auf Nutzen oder „gemeinsamen Nutzen“. Der Sinn bleibt jedoch auch gleich, wenn man sich auf „jedem“ bezieht, also „einem jedem zum Nutzen gegeben“ und das Wort nicht abwandelt in „dem einen, dem anderen etc.“.[1]

 

 

 

Teilnehmer 10: Darüber hinaus werden zwar Heilungen in Vers 9 als Gnadengaben bezeichnet. Gott vermittelt hier in der Tat Gaben der Heilungen durch die Gläubigen. In Vers 10 aber ist das Wort „Gaben“ nicht im griechischen Text. Es wird jedenfalls nicht eine zusätzliche Fähigkeit der Kraftwirkungen „gegeben“, sondern eine prinzipiell vorhandene Fähigkeit wird von Gott und von dem betreffenden Gläubigen genutzt.

 

 

 

Teilnehmer 11: Die norwegische Studienbibel zum Beispiel, die zwar an dieser Stelle nicht von Manifestationen, sondern von Gaben spricht, betont, dass diese allen Gläubigen „angeboten“ werden zur Auferbauung der Gemeinde.[2]

 



[1] In den bekannten Bibelübersetzungen werden die Aussagen der Verse 8 bis 10 so bezogen, dass dem einen Gläubigen diese Manifestation des Geistes gegeben sei, einem anderen Gläubigen eine andere. Victor Paul Wierwille, Das Empfangen des heiligen Geistes heute, New Knoxville 1980, S. 131 ff., bezieht die Verse 8 bis 10 so, dass die einzelnen Manifestationen zu dem gemeinsamen Nutzen des heiligen Geistes beitragen. Jeder Gläubige hat heiligen Geist und jeder Gläubige ist daher grundsätzlich befähigt, die aufgezählten neun Manifestationen hervorzubringen (all the nine all the time). Nur so macht es Sinn, dass zum Beispiel Paulus in 1. Kor. 14,5 erklärt, dass er will, dass alle Gläubigen in Zungen reden, um sich geistlich aufzuerbauen (vgl. Interlinearübersetzung von Dietzfelbinger). Ebenso können die Gläubigen naturgemäß nicht ohne Glauben auskommen.

[2] Das brachte der Norweger Hans Steinbakke ein. Bibelen - Guds Ord, studieutgave, Bibelforlaget, Nesbyen 2007.

 

Titelbild: Grafik von Petrus3743 - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=84882281. Beschriftet durch H.H.