Leiden 0.10: Das siebte Wort Jesu vom Kreuz - Hoffnung: „Vater, ... in deine Hände!“

Teilnehmer 8: Johannes 19, 30 endet nach der Luther-Fassung mit den Worten: „und neigte das Haupt und verschied.“ Die konkordante Bibelübersetzung sagt: „und neigte das Haupt und übergab den Geist.“[1] In Matthäus 27, 50 heißt es: „Aber Jesus schrie abermals laut“ und Lukas ergänzt in Kapitel 23, Vers 46: „Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände! Und als er das gesagt hatte, neigte er das Haupt[2] und verschied.“

 

Teilnehmer 9: Ein Vers von Annette Droste-Hülshoff fällt mir ein: „Ich trau auf deine Hand, weil alle deine Güte und Liebe mir bekannt. Dass sie mich wohl behüte, und dass ein sichrer Hort das Übel von mir wende. „O Herr, in deine Hände!“ Dies sei mein letztes Wort.“

 

Teilnehmer 1: Das erinnert mich an das Sterben meiner Frau im Hospiz. In den letzten Tagen ihres Lebens schien eine der – an sich hingebungsvollen – Schwestern zu meinen, den Prozess des Sterbens etwas beschleunigen zu sollen, indem sie meiner Frau in meiner Gegenwart sagte: „Nun flieg doch, flieg doch davon. Du hast alles gut gemacht.“ Das befremdete mich, und dann fiel mir Jesus und sein Sterben ein. Er (oder seine Seele) flog nicht davon und auch nicht in den Himmel, sondern er sagte: „Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände!“

 

Teilnehmer 2: Was bedeutet das denn? Jesus stirbt ja dann. Er ist tot, hat kein Bewusstsein. Gibt er seinen Geist dem himmlischen Vater in Verwahrung?

 



[1] Hinweis von Georg Schmid. Griechisch: παρεδωκεν το πνευμα (paredooken to pneuma). Dem entspricht die konkordante Übersetzung. Παρεδωκεν = 3. Person Singular Indikativ Aorist aktiv von παραδιδωμι (paradidomi) – hingeben, übergeben, überliefern, abliefern, ausliefern, überantworten, überlassen, in jemandes Gewalt geben, weiterverbreiten, fortpflanzen etc. Vgl. Menge-Güthling, S. 520.

[2] „neigte das Haupt“ aus Johannes 19,30.

 

Titelbild von Gerd Altmann auf pixabay. utm_content=4153292">Pixabay</a>.

 

Teilnehmer 4: Genau das.

 

Teilnehmer 3: Und wie lange ist der Geist beim Vater in Verwahrung?

 

Teilnehmer 5: Bis der Vater ihn auferwecken kann. Bei Jesus war es nach drei Tagen und drei Nächten so weit, um keinen Zweifel daran aufkommen zu lassen, dass Jesus wirklich tot war. Doch nach drei Nächten und drei Tagen konnte Gott den Geist Jesu wieder mit seinem (verwandelten) Körper zusammenfügen. Uns wird der Vater erst auferwecken können, wenn der Tod auch über uns keine Gewalt mehr hat – bei der leibhaftigen Rückkehr Jesu Christi.[1]

 

Teilnehmer 6: Wissen wir auch, wo Gott unseren Geist so lange aufbewahrt?

 

Teilnehmer 7: Vielleicht steht alles, was uns ausmacht, im Buch des Lebens.

 

Teilnehmer 8: Stephanus befahl seinen Geist nicht in die Hände des Vaters, sondern rief: „Herr Jesus, nimm meinen Geist auf.“[2]

 

Teilnehmer 9: Ja, nach 1. Thessalonicher 4, Vers 14, wird nunmehr Gott durch Jesus die, die entschlafen sind, mit Jesus einherführen. Jesus ist jetzt die rechte Hand Gottes.

 

Teilnehmer 10: Um es mit etwas anderen Worten zu sagen: Der Geist steht hier für alles, was einen lebendigen Körper von einem toten Körper unterscheidet: Das Leben. So wie Jesus sein Leben den Händen des Vaters anbefiehlt, es sozusagen bei ihm in Verwahrung gibt, so geht auch unser Leben, unsere lebendige Persönlichkeit, im Moment des Todes in die Hände des Vaters und seines Sohnes und Knechtes Jesus in Verwahrung, damit wir von Gott durch Jesus auferweckt werden und auferstehen zu einem neuen Leben, wenn unser Geist mit einem neuen Körper zusammengefügt wird.

 


[1] Vgl. 1. Korinther 15, 26; 1. Thessalonicher 4, 13-18.

[2] Apostelgeschichte 7, 59.