Wer das Reich Gottes nicht empfängt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen

Teilnehmer 11: In dem Willkommensgruß an die Mitarbeiter für die Seelsorgewoche 2018 auf Schloss Craheim hat Markus Hoffmann diejenigen beschrieben, denen das Himmelreich gehört: „Nicht den Zurückhaltenden, nicht den Menschen, die sich 1000 Mal fragen, ob sie sich was wünschen dürfen, ob sie sich einem Anderen nähern dürfen, sondern den Kindern gehört das Himmelreich.“ [1]

 

Teilnehmer 10: Und diese Kinder zeichnet zweierlei aus: „die Freiheit zur Beziehung und den Mut zum Kontakt“. Dabei erwarten sie etwas Gutes, ohne schon festzulegen, was das sein soll. Sie nehmen an, was ihnen entgegengebracht wird: Trost, Korrektur, Wegweisung, Belehrung, Bestärkung. Und ebenso offenherzig vertrauen sie sich an: Sie sprechen mutig über ihre Stärken und Schwächen, sie sind stolz auf ihre Leistung, sie verlangen Aufmerksamkeit für die Besonderheit ihrer Person. Sie rufen um Hilfe, wenn sie etwas nicht können, sie trauern und weinen, wenn sie eine Niederlage erlitten haben. Alles bringen sie ganz ohne Scham in die Beziehung, und am Du wächst ihr Ich.[2]

 

Teilnehmer 9: In Markus 10 geht es um Kinder, die von Anderen herbeigebracht werden, mutmaßlich von ihren Eltern. Sie empfangen, ohne etwas dafür zu tun, aber auch ohne etwas in Frage zu stellen. Das griechische Wort für annehmen, empfangen, hinnehmen in Lukas 18,17 und Markus 10, 15 ist δεχομαι, eine sehr passive Form des Empfangens. Man kann nichts dafür tun, um in das Reich Gottes zu kommen. Diese Reichsbürgerschaft ist ein Geschenk. Man braucht es nur anzunehmen.

 

Teilnehmer 12: Ich finde, wir sollten Matthäus 18, 1-5, in die Betrachtung einbeziehen.

 

Teilnehmer 11: Dann lese ich mal: „1 Zu derselben Stunde traten die Jünger zu Jesus und sprachen: Wer ist nun der Größte im Himmelreich? 2 Und er rief ein Kind zu sich und stellte es mitten unter sie 3 und sprach: Wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen. 4 Wer nun sich selbst erniedrigt und wird wie dieses Kind, der ist der Größte im Himmelreich. 5 Und wer ein solches Kind aufnimmt in meinem Namen, der nimmt mich auf.“

 

Teilnehmer 10: Mein Mann und ich waren gerade bei einer Feier zur Fertigstellung eines Hauses für Jona´s Kinderwohngruppen in Berlin-Spandau. Da haben wir eine Erklärung von Pfarrer Gerold Vorländer, Berliner Stadtmission, zu diesen Versen gehört, die wir sehr bemerkenswert fanden.

 

Teilnehmer 9: Dann lasst uns teilhaben.

 

Teilnehmer 10: Hier ein Teil seines Textes: „Wenn Jesus sagt: Kehrt um und werdet wie die Kinder, da meinte er nicht, dass alle Erwachsenen auf einmal kindisch werden sollen. Sondern ihm war offenbar aufgefallen, dass viele Erwachsene einen inneren Bezug zum Kindsein verloren hatten. Das Kind in sich selbst vergessen hatten. Für Jesus ist Innen und Außen immer untrennbar miteinander verbunden: Wir können nur wirklich menschlich sein und menschlich handeln, wenn wir unsere inneren Anteile kennen. Also das, was wir mal waren. Das, was in uns weiteres Entwicklungspotential hat. Auch das, was wir wohl geworden wären unter anderen Bedingungen. Einschließlich der persönlichen Schattenseiten, die zu verstecken uns meistens gut gelingt.“

 

Teilnehmer 1: Was hat das mit dem Himmelreich zu tun?

 

Teilnehmer 2: Na, warum drängten die Kinder zu Jesus? Sie spürten: Da ist jemand, dem ich alles anvertrauen kann. Was mir weh tut, was mich behindert, was mich traurig macht, z.B. der Streit meiner Eltern etc. Oder der Tod der Großmutter. Da ist jemand, der tröstet und ermutigt, der Hoffnung gibt.

 

Teilnehmer 10: Der Text von Vorländer geht noch weiter: >Jemand, der das alles ausblendet und sich dabei auch noch blendend fühlt, wird im Himmelreich keine Rolle spielen. Aber jemand der sich selbst verletzlich macht, wird in Gottes Einflusssphäre zu den ganz Großen zählen. Warum? Weil nur so ein Mensch in der Lage ist, sein Herz zu öffnen für die verletzlichsten unter den Menschengeschwistern. „Und wer ein solches Kind aufnimmt in meinem Namen, der nimmt mich auf.“ Ein höheres Kompliment, eine höhere Auszeichnung kann es eigentlich nicht geben.<

 



[1] Idisb, Arbeitsblätter aufbruch leben für die Seelsorgewoche 2018, Willkommen!.

[2] Vgl. ebenda. Die Formulierung „Der Mensch wird am Du zum Ich“ von Martin Buber gehört zu den Grundlagen der „Aufbruch Leben“-Seelsorge. Vgl. Martin Buber, Das dialogische Prinzip, S. 5-136, hier insbesondere S. 32.

 

Titelbild: Kinder in Bhutan. Foto: Hsiao-li Kaht.

 

Teilnehmer 8: Das hat wohl der „reiche Jüngling“[1] nicht ganz verstanden, denn er fragt Jesus, was er tun muss, um das ewige Leben zu ererben, obwohl Jesus gerade erklärt hat, dass es darum geht, das Reich Gottes zu empfangen wie ein Kind.[2]

 

Teilnehmer 7: Vielleicht gibt es da noch einen Unterschied zwischen der Reichsbürgerschaft und dem ewigen Leben einerseits und dem Erbe im Reich oder dem Schatz im Himmel[3] andererseits. Aber das ist an dieser Stelle wohl nicht so wichtig, denn Jesus redet in Lukas 18, Verse 24 bis 27, davon, wie man in das Reich Gottes kommt. Und wie schwer das für die Reichen ist, denn sie sind es gewohnt, von ihrem Überfluss zu kaufen, was sie begehren. Die Bürgerschaft im Reich Gottes ist aber nicht käuflich oder durch gute Taten erwerbbar.

 

Teilnehmer 1: Und wenn sie es wäre, müsste man alles dafür geben, was man hat. Als ob es um den Schatz im Acker oder die kostbare Perle geht.[4] Je reicher, desto mehr. Und je mehr, desto schwerer.[5] Indes kommt es darauf an, auf die Gnade Gottes zu vertrauen, wie Jesus auch gerade in Lukas 18, 13-14, an dem sich geistlich für arm haltenden Zöllner klar gemacht hat.

 

Teilnehmer 6: In Lukas 18, Vers 28, weist Petrus darauf hin, dass die Apostel alles verlassen haben, um Jesus nachzufolgen. Und Jesus sagt dazu, dass das bereits in dieser Zeit vielfältig ersetzt wird und in der zukünftigen Welt das ewige Leben dazu.

 

Teilnehmer 7: Das alles lässt sich vielleicht so zusammenfassen: Die Bürgerschaft im Reich Gottes mit dem ewigen Leben ist pure Gnade. Es hat sich jemand für uns verbürgt. Der Lohn im Reich Gottes hängt von unserem Einsatz ab.

 

Teilnehmer 1: Das wäre vielleicht gar keine schlechte Maxime für die Flüchtlingspolitik gewesen.

 

Teilnehmer 8: Zurück zum Reich Gottes. Römer 10, 9-10, ist schon eine Vertiefung wert. Wenn ich bekenne, dass Jesus der HErr ist, dann setzt das natürlich voraus, dass ich glaube, dass er auferstanden ist. Und wenn Jesus mein HErr ist, so bedeutet das auch, dass ich darauf aus bin, seinen Willen zu tun.

 

Teilnehmer 9: Diesen Dreiklang hat wiederum Samuel Keller sehr schön zusammengefasst: „Mit dem Herzen glauben, mit dem Mund bekennen und mit den Händen das Richtige tun, das ist der lebendige Dreiklang des Rufes: „Jesus Christus ist mein Herr und ich bin sein Diener!“ Eine Sprache des Glaubens in drei verschiedenen Tönen, die zusammengehören, wie es in einer Liedzeile von Martin Rinckart (1636) anklingt: "Nun danket alle Gott mit Herzen, Mund und Händen!"[6]Denn ohne Werke ist der Glaube tot.[7]

 

Teilnehmer 2: Mir ist noch etwas anderes aufgefallen. Den Kindern, die zu Jesus gebracht werden, gehört das Himmelreich – ohne jede Leistung. Dieser Feststellung Jesu geht in den drei Evangelien Matthäus, Markus und Lukas jedoch eine Warnung voraus: Wehe denen, die die Kleinen, die so selbstverständlich an Jesus glauben und damit Bürger des Himmelreiches sind, zum Abfall verführen.[8] Es wäre besser, dass sie im Meer ersäuft worden wären – wenn sie denn nicht ihrerseits die Gnade in Anspruch nehmen. Welch eine Warnung insbesondere an alle Eltern und sonstigen Erziehungsberechtigten oder sich in die Erziehung Einmischenden.

 

Teilnehmer 5: „HErr Jesus, HErr der Liebe, HErr des Lebens, hier bin ich, ich vertraue mich Dir an, Du hast mich erlöst von aller Angst, selbst von der vor dem Tod und dem Gericht, denn Du bist der, den Gott von den Toten auferweckt hat und der auch mich nicht im Tode lassen wird. Nun bin ich in DIR, teils verborgen, ganz geborgen, in DIR ans Licht gekommen, aus meiner Gottesferne erlöst, gerecht“.[9]

 

Teilnehmer 6: Wie kommst Du dazu, den HErrn Jesus so anzurufen? Dich ihm so anzuvertrauen? Ihm zu glauben?

 

Teilnehmer 5: Es gab einen Freudenboten.

 



[1] Lukas 18, 18-27; Markus 10, 17-2

[2] Markus 10, 13-15; Lukas 18, 15-17.

[3] Markus 10, 21.

[4] Matthäus 13, 44-46. Für die zentrale Lehre Jesu vom Himmelreich sind seine Gleichnisse in Matthäus 13, 1-52, zentral. Hier hat der Hauskreis in den kommenden Jahren noch viel auszuschöpfen.

[5] Vgl. auch die Predigt Jesu auf dem ebenen Felde in Luk. 6, hier insbesondere Vers 24. Einer, der seinen ganzen Reichtum weggeben hat, um den göttlichen Sinn oder das Glück des Lebens zu finden, nämlich den Willen Gottes zu tun, ist der Philosoph Ludwig Wittgenstein. Vgl. dazu Wolfram Eilenberger, Zeit der Zauberer, Das große Jahrzehnt der Philosphie 1919-1929, 5. Auflage Klett-Cotta 2018, S. 53 ff., insbesondere auch S. 59. Das Buch von Eilenberger trat durch Katharina Schwarze, Patentochter des Hauskreissekretärs, ins Blickfeld.

[6] Eingebracht von Herbert Witzel am 24.7.2019 nach Axel Kühner: Überlebensgeschichten für jeden Tag, 
14. Auflage, © Aussaat-Verlag, D-Neukirchen-Vluyn.

[7] Jakobus 1, 17.

[8] Vgl. Markus 9, 42; Matthäus 18, 6-9; Lukas 17, 1-2.

[9] So wie die Juden die Erlösung von einem falsch verstandenen „Leistungsgesetz“ brauchten, so auch die anderen Völker von vielen „Gesetzen“. Das war der Predigt von Joachim Lenz, Berliner Stadtmission, an Heiligabend 2016 im Berliner Hauptbahnhof zum „Weihnachtsevangelium“ nach Galater 4, 4-7, zu entnehmen. Insbesondere nannte er das „Gesetz“, das da lautet: „Haste was, dann biste was.“ Der gnädige Gott hat Anderes im Sinn.