Glück 8.1: Glück durch Verfolgung?

Teilnehmer 1: Die ersten sieben Glücksfaktoren, die Jesus zu Beginn der Bergpredigt nennt, leuchten mir ja ein. Himmelreich, Trost, Besitz, Gerechtigkeit, Barmherzigkeit, Gott schauen, Gottes Sohn heißen. Im Einzelnen hätte ich da zwar noch ein paar Fragen, aber noch viel mehr bewegt mich, warum er noch einen achten Glücksfaktor nennt, nämlich „verfolgt werden“[1]. Auf diesen Faktor des Glücks kann ich gerne verzichten.

 

Teilnehmer 11: Mir fällt eine gewisse Asymmetrie in den Glücksverheißungen auf. Die ersten zwei beschäftigen sich mit der Ausfüllung eines Mangels: Geistliche Armut wird durch das Himmelreich überwunden, Trauer durch Trost. Die nächsten fünf sprechen von Glück, das sich durch bestimmte Charaktereigenschaften einstellt: Sanftmut führt zum Besitz des Erdreiches, der Hunger und Durst nach Gerechtigkeit, der vielleicht auch einen Mangel ausdrückt, wird gesättigt, Barmherzigkeit gebiert Barmherzigkeit, wer reinen Herzens ist, wird Gott schauen, und wer Frieden stiftet, wird „Sohn Gottes“ genannt werden. Schließlich geht es um Verfolgung, die eine Folge der Parteinahme für Gerechtigkeit ist, und deren Glück und Lohn aus dem Himmel ist.[2]

 

Teilnehmer 2: Zum Glück scheint es vor allem um verbale Verfolgung zu gehen. Es ist von Schmähen die Rede, von „allerlei Übles gegen euch reden“ und von Lügen.

 

Teilnehmer 12: Dann schauen wir doch mal genauer hin und lesen in Matthäus 5 ab Vers 10: 10 Selig (überglücklich) sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihrer ist das Himmelreich. 11 Selig (überglücklich) seid ihr, wenn euch die Menschen um meinetwillen schmähen und verfolgen und allerlei Böses gegen euch reden und dabei lügen.“

 



[1] Matthäus 5, 10-11.

[2] Eine Eingruppierung der Glücksverheißungen gab Oliver Wurl.

 

 

Montage des Titelbildes: H.H.

 

Teilnehmer 3: Das hört sich in der Tat nicht nach Gefängnis, Folter und Tod an, aber es ist doch nicht schön, sondern verletzend, wenn schlecht über mich geredet wird. Was hat das mit Glück zu tun? Abgesehen davon, dass wir zu viele Geschichten aus der Bibel und aus der Kirchengeschichte wie aus der Kirchengegenwart in anderen Ländern kennen, wo Verfolgung tatsächlich Gefängnis und Tod bedeutet.

 

Teilnehmer 4: Ich habe noch eine andere Frage. Sollten wir wirklich die Verse 10 und 11 zu einer Glücksverheißung zusammenfassen? Sind es nicht zwei? Einmal liegt das Glück darin, um der Gerechtigkeit willen verfolgt zu werden und das Glück zeigt sich darin, Mitinhaber des Himmelreichs zu sein. Zum andern liegt das Glück darin, um Jesu willen verfolgt zu werden, und das Glück zeigt sich im Lohn aus dem Himmel.[1]

 

Teilnehmer 5: Das, finde ich, ist ein sehr viel weiter führender Hinweis, weil er die Verbindung herstellt zum Rest der Bergpredigt. Dieser Hinweis ist sozusagen das Scharnier. Insbesondere in den Versen 17 bis 48 von Kapitel 5 geht es nämlich um die Frage, wie die Gerechtigkeit aussieht, von der Jesus in Vers 10 redet. Und in Vers 20 macht Jesus klar, dass diese Gerechtigkeit eine Gerechtigkeit ist, die besser ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer. Damit eröffnet er den geistlichen Kampf seines Lebens auf Erden. Der Gegenstand dieses Kampfes (die Deutungshoheit über die Frage „Was ist Gerechtigkeit“) und die Gegner in diesem Kampf  (nämlich Schriftgelehrte und Pharisäer) sind klar benannt.

 

Teilnehmer 6: So gesehen ist dann natürlich die Verfolgung wegen der Gerechtigkeit und die Verfolgung deswegen, weil Menschen in diesem Kampf auf der Seite Jesu stehen, ein und dasselbe.

 

Teilnehmer 7: Und vielleicht ist die Mitinhaberschaft des Himmelreiches und der Lohn aus dem Himmel auch ein und dasselbe. Man könnte ja zu einem größeren oder einem kleineren Stück Mitinhaber des Himmelreiches sein.

 


[1] Auf diesen Aspekt machte Oliver Wurl aufmerksam.