Leiden 1.3:  Verhör und Tortur in der Nacht bei dem Hohenpriester Kaiphas – Petrus verleugnet Jesus weitere fünf Male

Teilnehmer 10: Hier nimmt Matthäus in Kapitel 26 den Faden auf. Verse 57-63a: Die aber Jesus ergriffen hatten, führten ihn zu dem Hohenpriester Kaiphas, wo die Schriftgelehrten und Ältesten sich versammelt hatten. Petrus aber folgte ihm von ferne bis zum Palast des Hohenpriesters und ging hinein und setzte sich zu den Knechten, um zu sehen, worauf es hinauswollte.

 

Teilnehmer 11: Damit wird deutlich, dass Hannas und Kaiphas wahrscheinlich in verschiedenen Teilen des gleichen Palastes mit einem gemeinsamen Hof wohnten, auf dem sich Knechte am Kohlenfeuer wärmten und Petrus mit ihnen. Der andere Jünger war nicht mehr bei ihm. Vielleicht war es Josef von Arimathäa oder Nikodemus – jedenfalls einer, der mit dem Hohenpriester bekannt war, also zum Beispiel ein Mitglied des Hohen Rates, und Autorität bei den Knechten hatte, die Petrus einließen.[1]

 

Teilnehmer 8: Bei Kaiphas geht es Jesus natürlich nicht besser. Hier ist der ganze Hohe Rat zugegen. Aber es ist noch Nacht. Und nach jüdischem Recht darf so ein Prozess nur zur Tageszeit stattfinden.[2] Hier wird dann versucht, pro forma Zeugen – falsche Zeugen - aufzubieten. Ein weiterer klarer Rechtsbruch. Mindestens einer aus dem Hohen Rat hätte für den Angeklagten sprechen müssen. Aber auch davon ist nicht die Rede.

 

Teilnehmer 12: Weiter im Text nach Matthäus 26, 59-60a: „Die Hohenpriester aber und der ganze Hohe Rat suchten falsches Zeugnis gegen Jesus, dass sie ihn töteten. Und obwohl viele falsche Zeugen herzutraten, fanden sie doch nichts.“

 

Teilnehmer 11: Im Gegenteil: Die Zeugen widersprechen einander nach Markus 14, 56-59: „Denn viele gaben falsches Zeugnis ab gegen ihn; aber ihr Zeugnis stimmte nicht überein. 57Und einige standen auf und gaben falsches Zeugnis ab gegen ihn und sprachen: 58Wir haben gehört, dass er gesagt hat: Ich will diesen Tempel, der mit Händen gemacht ist, abbrechen und in drei Tagen einen andern bauen, der nicht mit Händen gemacht ist. 59Aber ihr Zeugnis stimmte auch so nicht überein.“ Und dann nach Matthäus 26, 60b-61: Zuletzt traten zwei herzu und sprachen: Er hat gesagt: Ich kann den Tempel Gottes abbrechen und in drei Tagen aufbauen.“

 

Teilnehmer 9: Zuletzt sind zwei Zeugen da, die übereinstimmen. Aber sie behaupten etwas, was Jesus nie gesagt hat, nämlich, dass er das Bauwerk Tempel abbrechen will.[3] Jesus sagt dazu nach Matthäus 26, 62-63a, nichts: „Und der Hohepriester stand auf und sprach zu ihm: Antwortest du nichts auf das, was diese gegen dich bezeugen? Aber Jesus schwieg still.“

 

Teilnehmer 10: Dann ändert sich nach Matthäus 26, 63b, der Ton: „Und der Hohepriester sprach zu ihm: Ich beschwöre dich bei dem lebendigen Gott, dass du uns sagst, ob du der Christus bist, der Sohn Gottes.“ Der Hohepriester wechselt das Thema mit der strengsten Aufforderung, die möglich war: „Ich beschwöre Dich bei dem lebendigen Gott, ...“ .

 

Teilnehmer 1: „ob Du der Christus bist, der Sohn Gottes“. Das ist die einzige Frage, auf die Jesus nach Matthäus 26, 64 antwortet: „Du sagst es. Doch sage ich euch: Von nun an werdet ihr sehen den Menschensohn sitzen zur Rechten der Kraft und kommen auf den Wolken des Himmels“.

 

Teilnehmer 11: Und da behauptet der Hohepriester nach Matthäus 26, 65-66a, das sei Gotteslästerung: Da zerriss der Hohepriester seine Kleider und sprach: Er hat Gott gelästert! Was bedürfen wir weiterer Zeugen? Siehe, jetzt habt ihr die Gotteslästerung gehört. Was ist euer Urteil?“

 

Teilnehmer 2: Aber Jesus hatte längst, nämlich nach der Heilung des Blindgeborenen, dargetan, dass im Alten Testament Menschen als Götter bezeichnet werden, natürlich ohne damit zu sagen, dass sie „Gott, der Schöpfer der Himmel und der Erde“ oder der „himmlische Vater“ sind.[4] Und er verschiebt hier in der Verhandlung vor Kaiphas die Betonung von „Gottes Sohn“ zu „Menschensohn“. Dieser „Sohn Gottes“ ist ein „Menschensohn“.

 

Teilnehmer 3: Allerdings sagt Jesus in Johannes 10, Vers 30, auch: „Ich und der Vater sind eins.“ Oder in Vers 38b: „dass der Vater in mir ist und ich in ihm“. Das fassten die Juden so auf, dass er sich selbst zu Gott macht,[5] und wollten ihn deshalb steinigen.[6]

 

Teilnehmer 4: Sie hatten – wie selbst viele Gläubige heute – nicht verstanden, dass „eins“ in Johannes 10, Vers 30, oder „der Vater in mir und ich in ihm“ in Vers 38 nicht bedeutet, dass sie ein und dieselbe Person sind oder gar zusammen Gott sind, sondern dass sie sich vollkommen einig sind, weil Jesus vollkommen gehorsam ist und nur tut, „was er den Vater tun sieht“, also dieser auf Erden getan haben will.

 

Teilnehmer 5: Jesus selbst macht ja immer wieder deutlich, dass „Gott, der Vater“ ein anderer ist als der „Sohn Gottes“, indem Jesus davon spricht, dass der Vater „größer als alles“ ist und ihm, Jesus, „die Schafe gegeben“ hat[7] und dass der Vater ihn, Jesus, geheiligt und gesandt hat.[8]

 

Teilnehmer 8: Was den Hohenpriester in Wirklichkeit erregt, ist, dass sich Jesus im Himmel ansiedelt und sich damit über den Hohenpriester stellt.[9] Das erregt den Hohepriester so sehr, dass er seine Kleider zerreißt, was nach 3. Mose 10,6-7, und 21,10 einem Hohenpriester untersagt ist.

 

Teilnehmer 12: Und der Hohepriester verzichtet auf Zeugen, sondern urteilt aus seiner Auslegung der Antwort des Angeklagten, was ein weiterer Rechtsbruch ist. Der Hohe Rat fällt eher tumultartig als in einer ordentlichen Abstimmung nach Matthäus 26, 66b, das Todesurteil: Sie antworteten und sprachen: Er ist des Todes schuldig.“

 

Teilnehmer 3: Der Gerichtssaal verwandelt sich in eine Folterkammer. Die Ratsherren selber und ihre Knechte bespuckten ihn, schlugen ihn mit Fäusten, Ruten oder anderen Gegenständen ins Gesicht, verdeckten sein Gesicht und verhöhnten ihn nach Matthäus 26, 67-68: „Da spien sie ihm ins Angesicht und schlugen ihn mit Fäusten. Einige aber schlugen ihn ins Angesicht und sprachen: Weissage uns, Christus, wer ist's, der dich schlug“?

 

Teilnehmer 4: Die Wut und der Hass auf jemanden, der mit göttlichen Worten und Werken ihre Stellung bedrohte, tobten sich aus. Lukas ergänzt in Kapitel 22, 65: „Und noch mit vielen andern Lästerungen schmähten sie ihn.“

 

Teilnehmer 5: Währenddessen verleugnet Petrus nach Matthäus 26, 69-70, seinen Herrn das zweite Mal: Petrus aber saß draußen im Hof; da trat eine Magd zu ihm und sprach: Und du warst auch mit dem Jesus aus Galiläa. Er leugnete aber vor ihnen allen und sprach: Ich weiß nicht, was du sagst.“[10]

 

Teilnehmer 12: Aha. Ich erinnere an die drei Kriterien, um zu entscheiden, ob es sich um eine Verleugnung handelt, die von der ersten verschieden ist, und antworte mit „Ja“:

1. Es passiert während der Verhandlung mit Kaiphas und nicht

    mehr mit Hannas.

2. Es passiert im Hof und nicht am Tor.

3. Es passiert gegenüber einer Magd, die nicht die Türhüterin ist.

 

Teilnehmer 6: Nach Lukas 22,58 folgt nach einer kleinen Weile eine dritte Verleugnung: „Und nach einer kleinen Weile sah ihn ein anderer und sprach: Du bist auch einer von denen. Petrus aber sprach: Mensch, ich bin's nicht.“

 

Teilnehmer 11: Auch das ist offenbar eine andere Situation:

1. Es passiert zwar auch während der Verhandlung mit Kaiphas.

2. Es passiert allem Anschein nach auch im Hof.

3. Aber es passiert gegenüber einem Anderen, der männlichen

    Geschlechts ist.[11]

 

Teilnehmer 7: Und dann ertönt nach Markus 14, 68b für Petrus ein Signal: „Und er ging hinaus in den Vorhof, und der Hahn krähte.“ Nachdem Petrus drei Mal Jesus verleugnet hatte, krähte der Hahn zum ersten Mal. [12] Hat Petrus es gehört? Vielleicht nicht.

 

Teilnehmer 8: In Markus 14,69-70a, geht es weiter: „Und die Magd sah ihn und fing abermals an, denen zu sagen, die dabeistanden: Das ist einer von denen. Und er leugnete abermals.“

 

Teilnehmer 10: Auch das scheint eine andere Situation als die vorhergehenden zu sein:

1. Es passiert zwar während der Verhandlung mit Kaiphas.

2. Aber Petrus ist jetzt im Vorhof.

3. Es passiert zwar gegenüber der selben Magd wie Verleugnung

    2, aber die Magd spricht nicht mehr zu Petrus, sondern zu

    denen, die sonst noch da stehen, und Petrus verleugnet Jesus

    auch diesen gegenüber.

 



[1] Georg Schmid vertritt demgegenüber die Ansicht, dass es Johannes war, der allerdings genau so gefährdet gewesen wäre wie Petrus.

[2] Guardini, ebenda, S. 470.

[3] In Johannes 2, 19, hat Jesus etwas ganz Anderes gesagt: „Brecht diesen Tempel ab und in drei Tagen will ich ihn aufrichten.“ Das bekamen die Juden „in den falschen Hals“. Vers 20:

„Da sprachen die Juden: Dieser Tempel ist in sechsundvierzig Jahren erbaut worden, und du willst ihn in drei Tagen aufrichten?“ Das rückt der Evangelist Johannes in Vers 21 zurecht:  „Er aber redete von dem Tempel seines Leibes.“ Und dieser Tempel wird nicht von Jesus abgebrochen, sondern von den Juden. Johannes fährt fort: „22 Als er nun auferstanden war von den Toten, dachten seine Jünger daran, dass er dies gesagt hatte, und glaubten der Schrift und dem Wort, das Jesus gesagt hatte.“ Damit könnte der Fall erledigt sein, wenn es nicht heutzutage unter Christen wieder ein Missverständnis gäbe, indem manche glauben, Jesus hätte sich selbst auferweckt, wenngleich die Schrift an vielen Stellen bezeugt, dass Gott ihn auferweckt hat. Das „in drei Tagen will ich ihn aufrichten“ lässt sich vielleicht am besten mit Johannes 10, 17-18, erklären: „17 Darum liebt mich der Vater, weil ich mein Leben lasse, auf dass ich's wieder empfange. 18 Niemand nimmt es von mir, sondern ich selber lasse es. Ich habe Macht, es zu lassen, und habe Macht, es wieder zu empfangen. Dies Gebot habe ich empfangen von meinem Vater.“ Die Juden töten Jesus, aber Jesus lässt es zu, um unser Passalamm zu sein. Gott weckt ihn nach drei Tagen und drei Nächten wieder auf, und Jesus empfängt, ergreift (λαμβανω) das neue Leben.

[4] Johannes 10, Verse 34-36, sowie Psalm 82,6.

[5] Vgl. Johannes 10, Vers 33.

[6] Johannes 10, Verse 31 und 39.

[7] Johannes 10, Vers 29.

[8] Johannes 10, Vers 36.

[9] Der, den sie im Begriff sind zu verwerfen und zu töten, wird sich als Messias erweisen. Er wird sitzen zur Rechten der Kraft (zur Rechten Gottes) und auf den Wolken des Himmels in seine Macht kommen – in seine Herrlichkeit, indem sich zeigt, dass sich seine Voraussagen erfüllen und Gottes Volk, dass mit Gottes Sohn wie die bösen Weingärtner verfährt, in Zukunft völlig schutzlos sein wird, wie es sich in der Zerstörung Jerusalems und des Tempels sowie der Verbannung der Juden aus dem ihnen verheißenen Land zeigen wird. Und in dem sich zeigt, dass Jesus als der Messias auf der ganzen Erde bezeugt wird, denn dafür ist ihm gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden (Matthäus 28,18), so dass er seine Zeugen mit Kraft ausrüsten kann (Apg. 1,8). Seine Gewalt, seine Kraft, sein Reich sind allerdings nicht von dieser Welt, wie Jesus vor Pontius Pilatus bezeugt. Vgl. u.a. Bruno Zimmerli, Um Himmels willen, S. 148 ff.

[10] Aha wies darauf hin, wie eindrucksvoll Johann Sebastian Bach die Verleugnung des Petrus in der Matthäus-Passion vertont.

[11] Griechisch: ετερος (heteros).

[12] Nach H. Kosmola, The Time of the Cock-Crow, Annual of the Swedish Theological Institute 2, 1963, S. 118-120, und 6, 1968, S. 132-134, war der erste Hahnenschrei etwa um 0.30 Uhr anzusiedeln und der zweite um 1.30 Uhr.

 

Teilnehmer 9: Das war die vierte Verleugnung. Die fünfte folgt wiederum nach einer kleinen Weile Markus 14, 70b-71, zufolge: „Und nach einer kleinen Weile sprachen die, die dabeistanden, abermals zu Petrus: Wahrhaftig, du bist einer von denen; denn du bist auch ein Galiläer. Er aber fing an, sich zu verfluchen und zu schwören: Ich kenne den Menschen nicht, von dem ihr redet.“

 

Teilnehmer 1: Tatsächlich wieder eine andere Situation:

1.  Wieder während der Verhandlung mit Kaiphas.

2.  Und wahrscheinlich wieder im Vorhof.

3. Aber jetzt führt nicht die Magd das Wort, sondern die

   Dabeistehenden greifen die Sache selber auf und bekräftigen

   die Verdacht damit, dass sie Petrus als Galiläer identifizieren.

   Die Verleugnung des Petrus ist an diese Dabeistehenden

   adressiert.

 

Teilnehmer 10: Und es kommt noch zu einer sechsten Verleugnung, die von Johannes und von Lukas berichtet wird. Lukas 22, 59-60a: „Und nach einer Weile, etwa nach einer Stunde, bekräftigte es ein anderer und sprach: Wahrhaftig, dieser war auch mit ihm; denn er ist ein Galiläer. Petrus aber sprach: Mensch, ich weiß nicht, was du sagst.“

 

Teilnehmer 11: Johannes gibt uns in Kapitel 18, Vers 26, Angaben dazu, wer Petrus verdächtigte, ein Jünger Jesu zu sein: „Spricht einer von den Knechten des Hohenpriesters, ein Verwandter dessen, dem Petrus das Ohr abgehauen hatte: Sah ich dich nicht im Garten bei ihm?“

 

Teilnehmer 2: Das ist eindeutig wieder ein anderer Fall.

1. Wieder während der Verhandlung bei Kaiphas.

2. Vermutlich wieder im Vorhof.

3. Aber der „Ankläger“ ist ein Verwandter von Malchus. Petrus

     verleugnet Jesus diesem Verwandten von Malchus gegenüber.

 

Teilnehmer 12: Dann kräht der Hahn, nach Markus 14, Vers 72, zum zweiten Mal: „Und alsbald krähte der Hahn zum zweiten Mal. Da gedachte Petrus an das Wort, das Jesus zu ihm gesagt hatte: Ehe der Hahn zweimal kräht, wirst du mich dreimal verleugnen. Und er fing an zu weinen.“ Ehe der Hahn das zweite Mal krähte, hatte Petrus ihn drei weitere Male verleugnet.

 

Teilnehmer 7: Können wir diese Verleugnungen mal in eine Übersicht bringen?

 

Teilnehmer 6: Und vielleicht auch die betreffenden Voraussagen von Jesus?

 

Teilnehmer 5: Vielleicht im nächsten Jahr.

 

Teilnehmer 8: Mich bewegt etwas Anderes. Drinnen im Saal des Hohen Rates und draußen im Hof wird Jesus verleugnet. Drinnen von der Führung Israels, des Volkes Gottes, für das Jesus zuerst als der Messias gekommen ist. Draußen von seinem von ihm erwählten Apostel. Auch drinnen wussten sie, was die Wahrheit ist. Was macht das mit Jesus?[1]

 

Teilnehmer 7: Jesus hat beides vorausgesehen und vorausgesagt und in Gethsemane zu beidem "Ja" gesagt - ich trinke den Kelch.  Das, was drinnen vorgeht, hat er vielleicht nicht in dieser krassen Form vorausgesehen. Aber Petrus handelt genau, wie Jesus vorausgesagt hat: Es wird zwei Mal geschehen, dass Du mich drei Mal verleugnest, ehe der Hahn kräht: Drei Mal vor dem ersten Hahnenschrei, und weitere drei Mal vor dem zweiten Hahnenschrei. Wirklich 2 Mal 3 Mal?

 

Teilnehmer 4: Wir wissen, dass viele wichtige Dinge in der Bibel zwei Mal geschehen wie die Träume des Pharao, die Josef deutete, oder die Verfluchung eines Feigenbaums. Manchmal auch drei Mal. Das unterstreicht ihre Bedeutung.

 

Teilnehmer 3: Ich frage mich, was uns die zwei x drei-Verleugnungen des Petrus lehren sollen.

 

Teilnehmer 8: Ich glaube, dass es um den Trost für alle diejenigen geht, die Jesus schon mal verleugnet haben – sei es in einer gefährlichen Situation oder sei es auch nur, um eine peinlich anmutende Situation zu vermeiden oder zu entschärfen. Jeder, der Jesus schon einmal oder mehrmals verleugnet hat, soll wissen, dass er dennoch ein Apostel in der Gemeinde Jesu sein kann, darf, muss, oder in irgendeiner anderen Funktion als lebendiger Stein im Tempel Gottes, der Gemeinde leuchten kann, darf, muss – die Verleugnung hinter sich lassend und gnadenbewusst voranschreitend.[2]

 

Teilnehmer 9: Danke. Ich habe zwei Mal im Leben nicht gesprochen, obwohl Gott mich vorbereitet hatte. Wenn ich daran denke, wird mir immer noch siedend heiß.

 

Teilnehmer 10: Ich danke auch. Es lohnt sich, die Fakten in der Bibel detailliert zu betrachten, um die Krassheit der Gnadenbotschaft zu verinnerlichen.

 

Teilnehmer 11: Dabei möchte ich noch auf etwas Anderes hinweisen. Es kann sein, dass sich die einzelnen Evangelisten des Gesamtbildes der Verleugnungen nicht bewusst waren, sondern jeder vielleicht andere drei Verleugnungen vor Augen hatte. Unser Erkennen ist Stückwerk. Aber Gott offenbart sich eben verschiedenen Leuten, um das Gesamtbild zu kommunizieren, soweit es ihm für uns wichtig ist.

 

Teilnehmer 1: Ich komme auf das Verhör bei Kaiphas zurück. Wie muss Jesus da am Ende  ausgesehen haben – geschlagen, gedemütigt, blutend. Und da kreuzt sich sein Blick mit dem des Petrus, der vielleicht immer noch auf die mehr als 12 Legionen hoffte.[3] Lukas berichtet in Kapitel 22, Verse 61 und 62: „Und der Herr wandte sich und sah Petrus an. Und Petrus gedachte an des Herrn Wort, wie er zu ihm gesagt hatte: Ehe heute der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen. Und Petrus ging hinaus und weinte bitterlich.“

 

Teilnehmer 2: Petrus ist gefallen, aber er kommt am Tag der Pfingsten stark zurück.[4]

 

Teilnehmer 3: Er war auch schon vorher stark. Er hieb dem Knecht des Hohenpriesters das Ohr ab. Mich wundert, dass er nicht gleich mit verhaftet wurde.[5]

 

Teilnehmer 4: Alle, auch die Soldaten, waren auf Jesus konzentriert. Nach seiner Entscheidung im Gebet im Garten Gethsemane, den Kelch zu trinken, blieb er der Handelnde[6] und heilte das Ohr des Malchus. Da konnte Petrus in den Hintergrund treten.

 

Teilnehmer 5: Schon vorher hatte Petrus – wie auch alle anderen Jünger – gesagt, dass er bereit sei, mit Jesus zu sterben. Angesichts der Misshandlungen von Jesus durch die judäische Führung sank der Mut.

 

Teilnehmer 6: Aber Jesus hatte ihm gesagt, dass er für ihn gebeten habe, dass sein Glaube nicht aufhört.[7]

 

Teilnehmer 7: Und so konnte er später seine Brüder festigen.[8]

 

Teilnehmer 8: Hat Jesus denn für Judas Iskariot nicht gebeten?[9]

 

Teilnehmer 9: Er hat mit Judas sogar beim letzten Abendmahl über den Verrat gesprochen und ihm sein Verhängnis angekündigt. Er hatte die Chance, umzukehren. Er hat sie nicht genutzt.

 

Teilnehmer 10: Musste es Judas nicht verhärten, wenn er so bloßgestellt wird?

 

Teilnehmer 11: Jesus hat Judas nicht bloßgestellt. Nur Johannes hat mitgekriegt, was zwischen Jesus und Judas lief. Jesus hatte Geduld auch mit Judas.[10]

 

Teilnehmer 12: Ja, Jesus spricht die Wahrheit in Liebe.[11]

 

 


[1] Das fragte sich Jutta Richter am 1.4.2020.

[2] Jutta Richter weist darauf hin, dass die Verleugnungen des Petrus ihre Entsprechung in der dreimaligen Frage von Jesus an Petrus finden, ob Petrus Jesus liebt. Dazu mehr in den Dialogen zur Auferstehung.

[3] Matthäus 26, 53. Vgl. auch den betreffenden Hauskreisdialog.

[4] Das merkte Hans Steinbakke an.

[5] Das merkte Klaus-Peter Witt an.

[6] Darauf wies Georg Schmid hin.

[7] Darauf wiesen Georg Schmid und Aha hin.

[8] Darauf wies Georg Schmid hin.

[9] Die Frage stellte Klaus-Peter Witt.

[10] Vgl. den betreffenden Hauskreisdialog.

[11] Das bekräftigte Hans Steinbakke.

 

 

Titelbild: Hahn. Foto: H.H., Zingst, 4. Mai 2019.