Leiden 5.3: Der triumphale Einzug als König von Israel

Teilnehmer 2: Und obwohl Jesus in Johannes 12,7 ausdrücklich von seinem Begräbnis gesprochen hatte, kommt es so zunächst nach Joh. 12,13 zu einem Höhepunkt in seinem Leben auf der Erde: „...13nahmen sie Palmzweige und gingen hinaus ihm entgegen und riefen: Hosianna! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des HERRN[1], der König von Israel!“ Die große Menge an Menschen, die sich schon zur Vorbereitung des Passa in Jerusalem aufhielt, bereitete ihm einen triumphalen Empfang als König von Israel.

 

Teilnehmer 9: Das berichten auch Markus (11, 8-9) und Lukas (19, 36-38): „Und viele breiteten ihre Kleider auf den Weg, andere aber grüne Zweige, die sie auf den Feldern abgehauen hatten.[2] Und als er schon nahe am Abhang des Ölbergs war, fing die ganze Menge der Jünger an, mit Freuden Gott zu loben mit lauter Stimme über alle Taten, die sie gesehen hatten, und sprachen: Gelobt sei, der da kommt, der König, in dem Namen des Herrn! Friede sei im Himmel und Ehre in der Höhe! Und die vorangingen und die nachfolgten, schrien: Hosianna! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn! Gelobt sei das Reich unseres Vaters David, das da kommt! Hosianna in der Höhe!“

 

Teilnehmer 3: Dabei scheint es eine besondere Rolle zu spielen, dass Jesus auf einem jungen Esel ritt. Johannes fährt in Kapitel 12 fort:14Jesus aber fand einen jungen Esel und ritt darauf, wie geschrieben steht (Sacharja 9,9): 15»Fürchte dich nicht, du Tochter Zion! Siehe, dein König kommt und reitet auf einem Eselsfüllen.«“  Damit erfüllt sich eine Weissagung des Propheten Sacharja in Kapitel 9 Vers 9, der für diesen Tag zu den Menschen in Jerusalem sagt, dass sie keine Angst haben sollen.[3]

 

Teilnehmer 4: Ja, nach Sacharja 9, 10 soll ja das Friedensreich folgen, dass sich über die ganze Welt erstreckt.[4] Wer Sacharja 9,9-10 liest, erkennt, welche Herrlichkeit schon zu diesem Zeitpunkt für Israel zur Verfügung stand – wenn sie alle den Messias als solchen erkannt und anerkannt hätten. Und es sieht beinahe so aus, als würden sie es begreifen.

 

 


[1] In Abweichung von der aktuellen Lutherfassung wird hier HERR in Großbuchstaben wiedergegeben, da hier klar erkennbar Gott gemeint ist. Im Alten Testament folgt auch die aktuelle Lutherfassung nach wie vor der Praxis Luthers, in der gesamten Bibel „HERR“ in Großbuchstaben zu schreiben, wenn Gott gemeint ist.

[2] Lukas 19,37-38.

[3] Dass die Herrlichkeit des Königs nicht voll deutlich wird, ist aber auch schon vorausgesagt. Zwischen Sacharja 9,9 und Sacharja 9,10 liegt eine Fülle von Ereignissen, die ab Sacharja 9,13 beschrieben werden. Und dem Jubel weicht schon bald die Skepsis, wie in Joh. 12, Vers 34-43 berichtet wird. Jesus ging weg und verbarg sich vor ihnen, heißt es in Vers 36.

[4] Darauf wies Christina Gemerski hin.

 

 

 

 

Titelbild: Keramikboden von Domènec Fita: Der Einzug Jesu in Jerusalem. Von Sagrada Família (oficial) - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=27395402

 

Teilnehmer 8: Die volle Tragweite dieses Moments jedoch wird auch den Jüngern nach Vers 16 erst später klar. Warum war es nötig, klar zu machen, dass Jerusalem sich nicht fürchten sollte, wenn der König kommt? Bedeutete es Aufstand gegen Rom? Nein, auf einem Esel ritt ein Richter ein. Und die kritische Frage war: Nehmt ihr mich als König auf? Wenn ja, habt ihr nichts zu fürchten. Wenn nein, dann ... Johannes 12: „16Das verstanden seine Jünger zuerst nicht; doch als Jesus verherrlicht war, da dachten sie daran, dass dies von ihm geschrieben stand und man so mit ihm getan hatte.“

 

Teilnehmer 7: Doch Jesus wusste, worum es ging. Einigen passte der Jubel über den Einzug des Königs gar nicht. Lukas 19, 39-40: „39Und einige Pharisäer in der Menge sprachen zu ihm: Meister, weise doch deine Jünger zurecht!“

 

Teilnehmer 8: Ein letztes Mal versucht Jesus, ihnen klar zu machen, dass das, was seine Jünger und das Volk rufen, stimmt, nämlich, dass er der König ist und das Reich Davids sofort wieder erstehen kann. Er schreit es nach Lukas 19,39-40 mit einer grandios überspitzenden Redefigur[1] heraus, die nichts an Deutlichkeit und Dramatik zu wünschen übrig lässt:40Er antwortete und sprach: Ich sage euch: Wenn diese schweigen werden, so werden die Steine schreien.“ 40 Jahre später verkündeten die Steine von Jerusalem, dass Jesus von Nazareth der verheißene Sohn Davids ist, der für alle Ewigkeit auf seinem Thron sitzen wird.

 

Teilnehmer 6: Und Jesus fällt ein Urteil. Lukas 19, 41-44: „41Und als er nahe hinzukam, sah er die Stadt und weinte über sie 42und sprach: Wenn doch auch du erkenntest zu dieser Zeit, was zum Frieden dient! Aber nun ist's vor deinen Augen verborgen. 43Denn es wird eine Zeit über dich kommen, da werden deine Feinde um dich einen Wall aufwerfen, dich belagern und von allen Seiten bedrängen 44und werden dich dem Erdboden gleichmachen samt deinen Kindern in dir und keinen Stein auf dem andern lassen in dir, weil du die Zeit nicht erkannt hast, in der du heimgesucht worden bist.“

 

Teilnehmer 4: Was heißt „heimgesucht“?

 

Teilnehmer 3: Das griechische Wort an dieser Stelle ist επισκοπε. Das bedeutet so viel wie „untersuchen, überwachen“ wie im Gericht.

 

Teilnehmer 5: Noch aber stehen die Signale nach Johannes 12 auf Grün: „17Das Volk aber, das bei ihm war, als er Lazarus aus dem Grabe rief und von den Toten auferweckte, rühmte die Tat. 18Darum ging ihm auch die Menge entgegen, weil sie hörte, er habe dieses Zeichen getan.“ Zwei Gruppen bereiten Jesus diesen triumphalen Empfang: Die, die bei der Auferweckung des Lazarus dabei waren, rühmen die Tat. Das hörte eine große Menge, die ihm daraufhin entgegen ging.

 

Teilnehmer 6: Doch es gibt auch andere.

 


[1] Redefigur Personifizierung; in diesem Fall in Lukas 19,40 werden leblosen Gegenständen menschliche Charaktereigenschaften zugeschrieben. Vgl. Bullinger, Figures Of Speech, S. 861 ff., insbes. S. 865 mit dem Hinweis auf Josua 24,27.