Worin zeigt sich die Sanftmut? Sanftmut und Aggression bei Mose und Jesus

Teilnehmer 2: Es werden in der Bibel zwei Menschen als sanftmütig bezeichnet[1], nämlich Jesus, der das von sich selbst sagt, und Mose, der das von sich berichtet. Sehen wir uns doch das Verhaltensspektrum dieser beiden sanftmütigen Menschen an insbesondere unter dem Aspekt, ob es auch Aggression beinhaltet.

 

Teilnehmer 9: Das könnte wohl die Schlüsselfrage sein. Mir dämmert, dass es nicht immer Sanftmut gegenüber den Menschen ist, sondern vor allem Sanftmut gegenüber Gott. Mose wird von Gott in 4. Mose 12,3 als der bis dahin sanftmütigste Mensch auf Erden bezeichnet.

 

Und die Sanftmut des Mose schließt nicht nur die vielen Gänge zum Pharao oder das Warten auf Mirjam[2] ein, das jedem sofort als sanftmütig erscheint. Oder den Durchzug durchs Schilfmeer in höchster Not, dem die Vernichtung der ägyptischen Streitmacht[3] folgt. Zu seinem Leben gehört auch der Sieg über die Amalekiter[4], die Vernichtung der Rotte Korah, also von berufenen namhaften Brüdern aus dem Volk Israel einschließlich ihrer Familien[5], oder die Durchsetzung des Sabbats per Steinigung von Verletzern des Gebots[6] .

 



[1] Vgl. dazu auch den Artikel „Sanftmut – was ist das?“ unter www.erf.de vom 1.12.2012, gefunden am 23.1.15, 19.44 h auf Hinweis von Georg Schmid.

[2] 4. Mose 12, 13-15. Zur Charakterisierung des Mose weist Georg Schmid insbesondere auf Hebr. 11, 23 ff. hin.

[3] 2. Mose 14.

[4] 2. Mose 17, 8-16.

[5] 4. Mose 16, 1-35.

[6] 2. Mose 31, 12-17; 4. Mose 15, 32-36.

 

Titelbild:  In Angriff nehmen, herangehen.

Fotograf: Keith Johnston, Vernon, Kanada.        

 

 

Teilnehmer 10: Ähnlich ist es bei Jesus, der sich selbst in Matthäus 11,19 als von Herzen sanftmütig beschreibt. Sein Wort am Kreuz „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“[1] erscheint mir als der Gipfel von Sanftmut. Seine Sanftmut schließt die Stillung des Sturms[2] genau so ein wie den Verzicht auf die sofortige Heilung das Lazarus[3]. Er scheut sich aber auch nicht, die Pharisäer als „Heuchler“[4] zu charakterisieren. Die Tempelreinigung[5] ist ein aggressiver Akt. Und in Markus 3,1-6, bei der Heilung des Mannes mit der verdorrten Hand, wallte Zorn in ihm auf gegenüber denen, die ihm auflauerten, ob er etwa auch am Sabbat heilen würde.[6] Dieser Zorn war offenbar nötig, um die Kraft der Aggression freizusetzen.

 

Teilnehmer 3: Oh, oh, Zorn ist aber gar nicht gut. Vor allem nicht der Jähzorn.[7]

 

Teilnehmer 11: Nun, wenn Jesus zornig war, dann muss wohl auch etwas Gutes im Zorn stecken. Gelegentlich ist ja auch vom heiligen Zorn die Rede, und ebenso von Gottes Zorn. Ich glaube, dass wir eine weitere Frage stellen müssen, wenn es um die Sanftmut im Sinne Jesu geht. Und diese Frage heißt: Sanftmut wem gegenüber?

 


[1] Lukas 23, 34.

[2] Matthäus 8, 23-27.

[3] Johannes 11,14-15.

[4] Matthäus 23, 13 ff.

[5] Markus 11, 15-19.

[6] Vgl. insbesondere Vers 5. Zorn scheint hier die nötige Aggressionskraft freizusetzen, um angesichts der Anklagen wollenden Zuschauer dennoch zu handeln.

[7] Das ist wohl zutreffend, wenn die Wut nicht mehr beherrscht wird. Darauf weist Georg Schmid hin mit Hinweis auf einen Artikel in der Tageszeitung „Die Welt“: http://www.welt.de/gesundheit/psychologie/article13917626/Wenn-die-Wut-nicht-mehr-beherrschbar-ist.html 13.03.2012 – „Jähzorn ist ein zerstörerisches Ur-Gefühl. Es kann hervorbrechen, wenn sich Menschen bedroht fühlen. ...“