Auferstehung 5.2: Verherrlichung Jesu durch den heiligen Geist - Johannes 16, 5-15

Teilnehmer 8: Kommen wir zu Johannes 16, Vers 5 ff.: „5 Jetzt aber gehe ich hin zu dem, der mich gesandt hat; und niemand von euch fragt mich: Wo gehst du hin? 6 Doch weil ich dies zu euch geredet habe, ist euer Herz voll Trauer. 7 Aber ich sage euch die Wahrheit: Es ist gut für euch, dass ich weggehe. Denn wenn ich nicht weggehe, kommt der Tröster nicht zu euch. Wenn ich aber gehe, werde ich ihn zu euch senden.“

 

Teilnehmer 1: Das ist ganz schön viel auf einmal. Jesus sagt seinen Jüngern, dass er zum Vater geht. Sie spüren instinktiv, dass er sic verlassen wird. Und sie werden traurig. Der geliebte Meister, an dessen Lippen sie hängen und von dessen Wesen und Freundschaft sie leben, wird nicht mehr bei ihnen sein. Aber Jesus sagt ihnen – hier die Gefangennahme und den Kreuzestod sowie die drei Nächte und drei Tage im Grab überspringend - , dass es gut ist, wenn er geht.

 

Teilnehmer 2: Denn dann werden die Jünger seinen Platz einnehmen und damit vervielfältigt was Neues in die Welt bringen. Allerdings werden die Jünger in der Kraft des heiligen Geistes der Welt die Augen auftun in dem Sinne, dass sie die Welt zurechtweisen, überführen, widerlegen[1]: „8 Und wenn er kommt, wird er der Welt[2] die Augen auftun über die Sünde und über die Gerechtigkeit und über das Gericht;“

 

Teilnehmer 3: Es wird klar werden, dass es die Sünde ist, nicht an Jesus von Nazareth als den Messias zu glauben: „9 über die Sünde: dass sie nicht an mich glauben;“[3]

 

Teilnehmer 4: Das verstehe ich. Aber das folgende scheint mir rätselhaft zu sein: „10 über die Gerechtigkeit: dass ich zum Vater gehe und ihr mich hinfort nicht seht; Was hat das mit Gerechtigkeit zu tun?[4]

 

Teilnehmer 12: So wie es in der Lutherfassung wiedergegeben ist, können leicht Verständnisschwierigkeiten entstehen. Im Griechischen werden Vers 9 und Vers 10 mit den Wörtern μεν (men oder män) und δε (de) leicht gegeneinander gestellt, was manchmal gar nicht zu übersetzen ist, manchmal aber auch mit «zwar-aber» oder «einerseits-andererseits» wiedergegeben werden kann.

 

Teilnehmer 11: Das würde heißen, dass die Welt einerseits der Sünde überführt wird, dass sie nicht an Jesus glauben, und dass sie damit andersherum gesagt überführt werden, die Gerechtigkeit in Jesus und durch Jesus nicht akzeptieren?

 

Teilnehmer 10: Ja, und noch mehr: Gott bestätigt beides dadurch, dass Jesus zum Vater auffährt. Das ist ja jetzt das Ereignis, das nach den Evangelien und der Apostelgeschichte bevorsteht. Das hat scheinbar den Nachteil, dass die Jünger nicht mehr Jesus leibhaftig bei sich haben. Sie sehen ihn nicht mehr. Doch das ist tatsächlich ein Vorteil, wie Jesus in Vers 7 gesagt hat. Denn Jesu Weggang ist die Voraussetzung dafür, dass die Jünger die Kraft des Geistes Gottes ewig in sich erhalten.

 

Teilnehmer 9: Und genau das ist wohl auch Teil von Gottes Gerechtigkeit. Jesus hat für sie – und für uns – gelitten, damit sie – und wir - selber mit Gottes Geist erfüllt werden und nicht länger mit Jesus durch die Lande ziehen müssen, um den Menschen in aller Welt zu helfen, zu Gott zu finden.

 

Teilnehmer 8: Und noch mehr. Gottes Geist ist ewiges Leben. Bei Jesu leibhaftiger Rückkehr werden alle Jünger – wir eingeschlossen - IHm entgegengerückt in einem unverweslichen Leib und mit IHm je nach unserer Bewährung das Reich Gottes regieren. Und unsere Bewährung wird davon abhängen, inwieweit wir nach dem Geist Gottes leben. Gerechtigkeit.

 

Teilnehmer 5: Römer 5 scheint mir dies mit anderen Worten zu erklären. Ich lese mal Vers 17 vor: „17 Denn wenn wegen der Sünde des Einen der Tod geherrscht hat durch den Einen, um wie viel mehr werden die, welche die Fülle der Gnade und der Gabe[5] der Gerechtigkeit empfangen, herrschen im Leben durch den Einen, Jesus Christus.“

 

Teilnehmer 4: Was wird da erklärt?

 

Teilnehmer 5: Die Gerechtigkeit. Wenn der Teufel durch die Sünde des einen, nämlich Adams, allen Menschen den Tod gebracht hat, dann macht es Sinn, dass durch den Gehorsam des einen, nämlich Jesus, alle gerecht werden, die sich ihm anschließen, und im Leben herrschen. Sie können aber im Leben nur herrschen durch den heiligen Geist, mit dem auch das ewige Leben gegeben wird.

 

Teilnehmer 6: Vom heiligen Geist ist in Römer 5,17, nichts zu lesen.

 

Teilnehmer 5: Aber in Römer 8, Verse 10-11: „10 Wenn aber Christus in euch ist, so ist der Leib zwar tot um der Sünde willen, der Geist aber ist Leben um der Gerechtigkeit willen. 11 Wenn aber der Geist dessen, der Jesus von den Toten auferweckt hat, in euch wohnt, so wird er, der Christus von den Toten auferweckt hat, auch eure sterblichen Leiber lebendig machen durch seinen Geist, der in euch wohnt.“

 

Teilnehmer 7: Wir könnten auch noch Römer 5,21 heranziehen: „21 damit, wie die Sünde geherrscht hat durch den Tod, so auch die Gnade herrsche durch die Gerechtigkeit zum ewigen Leben durch Jesus Christus, unsern Herrn.“

 

Teilnehmer 8: Ja, herrschen im Leben, weil es ewig ist – wenn auch durch den Tod unterbrochen – und die Angst vor dem Tod uns nicht mehr plagen muss. Weil Jesus für uns erwirkt hat, dass wir vor Gott gerecht sind und der Teufel letztlich keine Macht über uns hat.

 

Teilnehmer 9: Durch den heiligen Geist wird die Welt nämlich auch überführt oder widerlegt, was das Gericht angeht. 11 über das Gericht:“. Es geht hier nicht um das Gericht über uns, sondern „dass der Fürst dieser Welt gerichtet ist.“ Sein Schicksal ist besiegelt, der Teufel ist am Ende, selbst wenn er noch umhergeht wie ein brüllender Löwe und uns mit seinem Gebrüll zu beeindrucken sucht.[6]

 

 


[1] Das griechische Verb an dieser Stelle ist ελεγχω (elenchoo) – beschimpfen, tadeln, zurechtweisen, beschämen, überführen, widerlegen, beweisen, zeigen, ans Licht bringen, prüfen, untersuchen etc. Vgl. Menge-Güthling, S. 226.

[2] Kosmos.

[3] Vgl. z.B. Apg. 2, 14-47.

[4] Ein Blick in die im Internet verfügbaren Kommentare hat sich als hilfreich erwiesen. Hervorgehoben sei https://biblehub.com/commentaries/john/16-10.htm.

[5] Δωρεα (doorea) – Geschenk (so die Interlinear).

[6] Vgl. 1. Petrus 5, 8-9. Auch die gegenwärtige Corona-Krise (Mai 2020) könnte ein solches Gebrüll sein – unabhängig davon, ob die staatlich angeordneten Grundrechtseinschränkungen angemessen oder überzogen sind, allein dadurch, dass von der Pandemie Angst und Schrecken ausgeht.

 

Teilnehmer 10: Das ist eine geballte Ladung, die Jesus da vom Stapel lässt. Mehr geht in dem Moment nicht: „12 Ich habe euch noch viel zu sagen; aber ihr könnt es jetzt nicht ertragen.“

 

Teilnehmer 11: Zum Glück wird die Zeit kommen, da die Jünger Jesu mehr aufnehmen können, was dann über den heiligen Geist vermittelt wird: „13 Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in aller Wahrheit leiten. Denn er wird nicht aus sich selber reden; sondern was er hören wird, das wird er reden, und was zukünftig ist, wird er euch verkündigen.“ Zum Bespiel alles, was in der Apostelgeschichte, in den Briefen und in der Offenbarung niedergelegt ist.

 

Teilnehmer 12: Und so allmählich wird klarer, was für eine gewaltige Sache es ist, dass die Jünger – uns eingeschlossen – den heiligen Geist bekommen. Erst durch die Gemeinde im heiligen Geist wird den bösen Mächten und Gewalten im Himmel (im Unsichtbaren) die Weisheit Gottes klar.[1] Und uns wird klar, worauf im Alten Testament die sieben Wochen zwischen Passa und Pfingsten hinweisen sollen. Mit dem Pfingsten in Apostelgeschichte 2, als der Tag der Pfingsten voll gekommen war, begann die Ära geistgetaufter Menschen in dieser Welt.

 

Teilnehmer 1: Der letzte Satz in Johannes 16, Vers 13, unterstreicht, dass durch den heiligen Geistes etwas übermittelt wird, denn „was er hören wird, das wird er reden“. Dabei haben wir durchgängig die Redefigur der Personifikation des heiligen Geistes.[2] Nicht der heilige Geist ist eine Person, sondern wir sind die entscheidenden Personen, wenn wir im Geist leben.

 

Teilnehmer 12: Dann kommt wieder ein für mich rätselhafter Satz: „14 Er wird mich verherrlichen; denn von dem Meinen wird er's nehmen und euch verkündigen.“ Was bedeutet „verherrlichen“? Und was heißt „von dem Meinen“?

 

Teilnehmer 7: Es wird erklärt, wodurch hier die Verherrlichung Christi geschieht, nämlich, dass der heilige Geist etwas von dem vermittelt, was zu Christus gehört – etwas, was Christus weiß, aber seinen Jüngern jetzt nicht oder nicht voll an den Verstand bringen kann, wie er in Vers 12 sagt. Dazu könnte gehören, dass Jesus erst sterben muss, bevor er von den Juden als König der Juden akzeptiert wird.

 

Teilnehmer 8: Oder dass die Ablehnung durch die Juden die Rettung der vielen anderen Völker ermöglicht, wie es Paulus im Römerbrief, Kapitel 11, insbesondere Vers 11, beschreibt.

 

Teilnehmer 9: Insgesamt geht es wohl darum, dass Jesus das Ansehen bekommt, das ihm als Messias und König der Juden sowie als HErr aller Herren und König aller Könige[3] zusteht.

 

Teilnehmer 10: Das griechische Wort für „verherrlichen“ ist δοξαζω (doksazoo) und bedeutet u.a. meinen, glauben, urteilen, erachten, rühmen, preisen, verherrlichen, zu Ehren bringen. Vielleicht ist hier und heute „zu Ehren bringen“ eine gute Übersetzung, geht es doch darum, aus der tiefsten Verachtung, die Jesus in den Prozessen und am Kreuz erfährt, herauszuführen in die größte Verehrung, die ihm gebührt.

 

Teilnehmer 11: In 1. Timotheus 6, Vers 15, wird Gott als der „König aller Könige und Herr aller Herren“ bezeichnet. Wie passt das zusammen?

 

Teilnehmer 1: Das geht vielleicht aus Vers 15 hervor: „15 Alles, was der Vater hat, das ist mein. Darum habe ich gesagt: Er nimmt es von dem Meinen und wird es euch verkündigen.“ Jesus ist der Sohn und der Erbe Gottes. Was Gott gehört, gehört auch Jesus. Und es gehört auch uns zusammen mit Jesus, denn wir sind seine Miterben,[4] ausgestattet mit dem selben Geist, angetan mit Kraft aus der Höhe.

 

Teilnehmer 12: In diesem Kontext geht es insbesondere darum, dass der heilige Geist – oder umständlicher: Gott und Jesus durch den heiligen Geist in uns – uns etwas verkündigt. Es geht also um Worte der Weisheit und der Erkenntnis, Prophetie, Offenbarung über Vergangenes, Gegenwärtiges und Zukünftiges, damit Jesus zu der Ehre kommt, die ihm gebührt.

 

Teilnehmer 2: Haben wir damit jetzt alles angesprochen, womit Jesus seine Jünger auf Pfingsten vorbereitet hat?

 

Teilnehmer 3: Nein, eine wichtige Sache haben wir schon in unserem Dialog „Auferstehung 1.10: Elf Apostel glauben endlich“ diskutiert, nämlich Johannes 20, 21-23: „20 Da sprach Jesus abermals zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. 22 Und als er das gesagt hatte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmt hin den Heiligen Geist! 23 Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten“.

 

Teilnehmer 4: Ja, da haben wir bereits besprochen, dass Jesus hier mit seinem Anblasen oder tiefen Einatmen demonstrierte, was am Tag der Pfingsten geschehen werde,  nämlich, dass dem Empfangen des heiligen Geistes ein Wind vorausgeht oder – wie andere Übersetzungen sagen – ein tiefes Atmen vom Himmel, das nach Apostelgeschichte 2,2 das ganze Haus erfüllte, in dem sie saßen.

 

Teilnehmer 5: Und mit dem Empfangen des heiligen Geistes ist offenbar die Aussendung der Apostel verbunden. Und die gewaltige Vollmacht, Menschen die Sünden zu erlassen. Denn wer aufgrund der Verkündigung zum Glauben kommt, dass Jesus der HErr ist und Gott ihn von den Toten auferweckt hat, der hat die Vergebung der Sünden. Der ist gerecht und der ist gerettet.[5]

 

Teilnehmer 6: Und schon viel früher als zwischen Auferstehung und Himmelfahrt und viel früher als vor Gefangennahme und Tod hat Jesus mit der Vorbereitung auf Pfingsten begonnen. Wir müssen uns ansehen, was wir da noch bei dem Evangelisten und Apostel Johannes finden.

 



[1] Vgl. Epheser 3, insbesondere Vers 10.

[2] Zur Redefigur der Personifikation vgl. E.W. Bullinger, Figures of Speech Used in The Bible, a.a.O., S. 861-869. In einer von sechs Gruppen der Personifikaton oder der personalen Fiktion werden Sachen oder Sachverhalten menschliche Verhaltensweisen oder Tätigkeiten zugeschrieben. Ein Beispiel, das Bullinger nennt: „Die Sünde lauert vor der Tür.“ Vgl. 1. Mose 4, Vers 7: „7 Ist's nicht so: Wenn du fromm bist, so kannst du frei den Blick erheben. Bist du aber nicht fromm, so lauert die Sünde vor der Tür, und nach dir hat sie Verlangen; du aber herrsche über sie.“ Der Bericht in 1. Mose 4 zeigt im übrigen, dass es den Menschen nicht möglich ist, ohne den heiligen Geist Gottes über die Sünde zu herrschen – ein auch in diesem Dialog angesprochenes Thema des Römerbriefes.

[3] Offenbarung 17,14; 19,16.

[4] Vgl. Römer 8,17. Miterben nicht im Sinne einer Vielzahl von Einzelerben, sondern im Sinne einer einzigen Erbengemeinschaft.

[5] Vgl. Römer 10, 9-10.

 

Titelbild: Heiliger Geist, symbolisiert durch eine Taube. Foto: H.H., 8.8.2014, Schlosskapelle Liebenberg. Bei der Taufe Jesu durch Johannes taufte Gott seinen Sohn mit oder in heiligem Geist. Die Verherrlichung seines Sohnes geschah dadurch, dass die Apostel heiligen Geist erhielten und in einer Generation das Evangelium zu dem gesamten Erdkreis brachten.