Pfingsten 3.13:  Die hellenistische Trinitätslehre – geschickte, aber doch unlautere Werbung in den       Stürmen der Jahrhunderte nach Christus?

Teilnehmer 4: Wenn wir die Kirchengeschichte der ersten Jahrhunderte nach Christus auf uns wirken lassen, wird immer klarer, warum es diese seltsame hellenistische, letztlich unverständliche, mit dem biblischen Zeugnis nicht übereinstimmende Trinitätslehre gibt, nach der Vater, Sohn und Heiliger Geist als drei verschiedene Persönlichkeiten zusammen Gott ergeben.

 

 

 

Teilnehmer 5: In besonders sensibler Weise legt der mit der Herrnhuter Brüdergemeine verbundene Friedrich Schleiermacher dar, wie es durch die Auseinandersetzung mit dem Judentum auf der einen Seite und dem Hellenismus auf der anderen Seite zu den verschiedenen Varianten der Trinitätslehre kommt.[1]

 

 

 

Teilnehmer 6: Was wollten denn die Juden und die Griechen?

 

 

 

Teilnehmer 8: Die Juden sagten, dass es heidnisch sei, Gott durch einen Sohn zu vervielfältigen. Sie konnten nicht begreifen, dass ein Sohn Gottes nicht auch Gott ist – wie viele Menschen auch heute noch. Wenn die Christen aber zwei Götter haben, dann ist klar, dass sie das Shma Jisrael verlassen. Das aber wollten die Christen nicht auf sich sitzen lassen und erklärten kurzerhand zunächst einmal Vater und Sohn als Teile von einem Gott.

 

 

 

Teilnehmer 1: Juden und Christen übersahen dabei, dass die Bibel exakt angibt, warum der Mensch Jesus von Nazareth Gottes Sohn genannt wird: Nicht, weil er selber auch Gott ist, sondern weil nicht ein Mann, sondern Gott, die Kraft des Höchsten, die Empfängnis bewirkt.[2] Der zweite Grund ist die Auferstehung von den Toten.[3]

 

 

 

Teilnehmer 7: Aha. Jesus ist und bleibt zwar ein Mensch, aber er ist nicht einer wie alle anderen, sondern einer, der ohne Zutun eines Mannes empfangen wurde (eingeboren oder griechisch μονογενες <monogenes>, monogenetisch), der stets in Übereinstimmung mit dem himmlischen Vater redete und handelte und der als erster und bisher einziger Mensch von den Toten auferweckt wurde und einen himmlischen Körper erhalten hat.

 

 

 

 

 

Teilnehmer 9: Gegenüber den Heiden und Hellenen musste ebenfalls deutlich gemacht werden, dass es trotz der Göttlichkeit des Sohnes Gottes nur einen Gott gibt (μοναρχια - monarchia). Während es für die Juden ein Sakrileg war, mehr als einen Gott zu haben, war das für die Griechen selbstverständlich – aber eben nicht christlich. Also sahen sich die Kirchenväter genötigt, wegen einer falsch verstandenen Göttlichkeit zu erklären, dass zwei göttliche Personen und später sogar drei einen Gott bilden.

 

 

 

Teilnehmer 10: Meiner Meinung nach kommt noch etwas hinzu. Weil in Johannes 1 das Wort Gottes mit Logos übersetzt wird und griechische Philosophen wie Platon ebenfalls vom Logos sprachen, sahen sie eine gute Gelegenheit, Hellenismus und Christentum miteinander zu verknüpfen. Griechische oder mit einem anderen Wort hellenistische Philosophie wurde in die christliche Lehre hineinverwoben.[4]

 

 

 

Teilnehmer 1: Dies war ein ziemlich erfolgreicher Versuch, Anfeindungen gegen das Christentums abzuwehren, den Konstantin der Große im Interesse der Einheit in seinem Reich gerne aufgriff.

 



[1] Siehe „Friedrich Schleiermacher und die Trinitätslehre“, hrsg. von Martin Tetz, Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn 1969, insbes. S. 37 ff. Der katholische Theologe Karl Rahner, der die Trinitätslehre bejaht, legt eingehend dar, dass der Gottesbegriff des Alten sowie des Neuen Testaments sich ausschließlich auf Gott, den Vater, bezieht und nicht Jesus Christus oder gar den Heiligen Geist als eine eigene, neben dem Vater gedachte Persönlichkeit einbezieht. Der dreieinige Gott ist demgegenüber eine theologische Entwicklung aus den ersten Jahrhunderten nach der Urgemeinde mit unterschiedlichen Ausprägungen in der Orthodoxie, der römischen Kirche etc. Vgl. Karl Rahner, Schriften zur Theologie, 4. Auflage 1960, Benziger Verlag Einsiedeln, Zürich, Köln, Band I, insbesondere S. 91 ff. die Kapitel „Theos im Neuen Testament“ und „Probleme der Christologie heute“. Während es zunächst nur um Vater und Sohn ging, wurde dann auch noch der heilige Geist als eine eigenständige dritte Person hochstilisiert. So kam es zu dem klassischen theologischen Trinitätsbegriff, der oftmals davon ausgeht, dass drei Personen die eine christliche Gottheit bilden, nämlich Gott Vater, Gott Sohn (eine Verkehrung des biblischen Begriffes Gottes Sohn) und der heilige Geist (womit dem Geist Gottes – Gott ist aber ganz Geist, Johannes 4, 24 - eine eigene Personalität neben Gott selbst zugewiesen wird, so als ob z.B. der Geist oder die Seele von Heinrich Höfer eine eigene Person neben Heinrich Höfer wäre).

[2] Lukas 1,34-35.

[3] Römer 1, 4.

[4] Vgl. dazu Joel W. Hemphill, Ehre sei Gott in der Höhe, Beseitigung des Einflusses, den Sokrates, Platon, Philon und die griechische Philosophie auf die christliche Lehre genommen haben, Trumpet Call Books, Joelton.

 

 

 

Titelbild: Cover der in nebenstehender Spalte unter Fußnote 3) zitierten Bücher von Stefan Zweig, S. Fischer Verlag 1979, und Uwe Birnstein, Vandenhoeck & Ruprecht 2013, mit einem Klappentext von Margot Käßmann. Uwe Birnstein wurde dem Hauskreis durch eine Recherche von Oliver Wurl bekannt und trug auch im Literarischen Sonntagscafé des Hauskreises vor.Das Literarische Sonntagscafé des Hauskreises stellte das Buch von Stefan Zweig auch auf www.Volkslesen.tv vor.

 

Teilnehmer 2: Einer der Promotoren der Versöhnung von Heidentum und Christentum war der Kirchenvater Origines. Ich komme nicht umhin, ihm größten Respekt zu zollen, wenn ich auch seiner Lehre in diesem Punkt nicht folge. Ich kann aber leicht nachvollziehen, warum er in diese Richtung ging. Origines wurde als Kind oder Jugendlicher gezwungen, den Märtyrertod seines Vaters mit anzusehen. Das brachte ihn nicht dazu, sich von Christus abzuwenden, aber nach Wegen zu suchen, den Christen ein Leben in Frieden zu ermöglichen.[1]

 

Teilnehmer 11: Ich sehe die Gefahren der Vermischung, zumal Paulus vor dem Trug menschlicher Philosophie warnt, die dem Wort Gottes widerspricht.[2] Aber ich sehe es auch als einen zum Teil aus der Not geborenen, zum Teil aus der Missionsabsicht entstandenen geschickten Versuch.

 

Teilnehmer 12: Das kann man so sehen. Ich hätte auch keine Lust, den Märtyrertod zu sterben. Aber müssen wir deswegen auch heute noch daran festhalten? Eine Reinigung, die ohne Gefahren möglich ist, ist doch wohl überfällig.

 

Teilnehmer 1: Ich frage mich, ob denn in all den seither vielleicht vergangenen siebzehn bis achtzehn Jahrhunderten keiner auf die biblische Sicht zurückgekommen ist.

 

Teilnehmer 2: Das allerdings ist der Fall. Leider schreckten ihre christlichen Brüder nicht davor zurück, diejenigen zu ermorden, die die hellenistisch gefärbte Dreieinigkeitslehre als unbiblisch entlarvten.[3]

 

Teilnehmer 3: Altes und Neues Testament sind monotheistisch. Bereits die Alte Kirche hat seit dem 2. Jahrhundert nach Christus toleriert oder tolerieren müssen – siehe das Konzil von Nizäa 325, das beschliesst, dass Vater und Sohn Gott sind, und das Konzil von Konstantinopel 381, das beschliesst, das der Heilige Geist die dritte Person Gottes ist –, dass der Monotheismus verlassen wurde. Ist der Islam in diese Lücke gesprungen? Musste deswegen Konstantinopel fallen?

 

Teilnehmer 4: Das weiß ich nicht. Aber sowohl der Märtyrertod von Michael Servet wie die Bücher über diese schreckliche Tat, von Christen begangen, sind eine Ermahnung an die Christenheit, Juden und Moslems nicht dadurch den Weg zu Jesus und zum ewigen Leben zu erschweren, dass Christen den Monotheismus in Frage stellen.

 

Teilnehmer 5: Die Abkehr von einem so festgefügten Dogma, das in einigen großen Konfessionen jeden Sonntag mit der Formel „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ bekräftigt wird, ist sehr schwer. Jeremia 13, 23 kommt mir in den Sinn: „Kann ein Schwarzer seine Haut ändern, ein Leopard seine Flecken?“[4]

 

Teilnehmer 6: Und zum Trost Matthäus 5,19: „Wer daher auch nur eines von den kleinsten Geboten auflöst und so die Menschen belehrt, wird [der] geringste im Königreich der Himmel genannt werden.“[5] Auch wer ein so großes Gebot wie das Schma Jisrael auflöst, mag drin sein. Ob allerdings nicht doch der HErr eine Frage an diejenigen stellt, die an einem Dogma festhalten, obwohl sie auf die hellenistische Verkehrung aufmerksam gemacht wurden, müssen wir ja nicht beantworten.

 

Teilnehmer 7: Und jetzt bitte für mich das Wesentliche unseres Dialogs in wenigen Sätzen.

 



[1] Vgl. dazu den Tübinger Theologen Hans Küng, Große christliche Denker, Piper 1996, S. 45-78, insbes. S. 77-78, der erklärt, wie der hingebungsvolle Origines in bester Absicht auf der Grundlage hellenistischen Denkens die biblische Botschaft in ein theologisches Konstrukt bringt, ja, zu einer hellenistischen „Trinitätsspekulation“ (sic!) umformt. Zu Origines findet sich bei den Wüstenvätern („Weisung der Väter, Apophthegma Patrum, auch Gerontikon oder Alphabeticum genannt“, übersetzt von Bonifaz Miller, 8. Unveränderte Auflage Paulinus 2009, S. 157 bzw. Ziffer 447*, folgendes Zitat: „Er fing jedoch an, die Ideen des Origines zu verbreiten, und das betrübte den Altvater Lot. Er sagte: „Es könnten die Väter meinen, dass wir auch so sind.“ Ihn aber von dem Orte zu verweisen, scheute er sich wegen des Gebotes. So machte er sich auf und kam zum Altvater Arsinos und erzählte ihm von dem Alten. Abbas Arsinos antwortete ihm: „Vertreibe ihn nicht, sondern sag zu ihm: Iss von den Gaben Gottes und trinke, wie du willst, nur diese Anschauung lass nicht mehr hören. Wenn er zustimmt, kommt er in Ordnung ... .“ 

Sowohl auf das Buch von Küng wie auf das von Tetz hat uns Timotheus Höfer hingewiesen. Vgl. auch Sir Anthony F. Buzzard, Charles F. Hunting, Die Lehre von der Dreieinigkeit Gottes, Die selbst zugefügte Wunde der Christenheit, deutsch Linz 2001, auf das uns Tricia Byrne aufmerksam gemacht hat. Zur Diskussion zwischen Juden und Christen zum Thema „Monotheismus versus Dreieinigkeit oder Dreifaltigkeit“ vgl. auch das Buch von Daniel J. Lasker, Jewish Philosophical Polemics against Christianity in the Middle Ages, The Littman Library of Jewish Civilization 2007, das in einer jüdischen Buchhandlung in Krakau erhältlich war. Vielleicht ist an dieser Stelle auch ein Hinweis auf  Gottfried Wilhelm Leibniz, unter vielem anderen Mathematiker und Doktor des weltlichen und des Kirchenrechts, angebracht. „Für Leibniz galt die Devise: „Ohne Gott ist nichts.“ Deshalb setzte er für Gott die Eins und für das Nichts die Null. ... Hieraus entstand das Dualsystem, welches in der Natur und Philosophie kein Vorbild hatte. Es bildet die operationale Grundlage der modernen Computertechnik.“ Zitiert nach Wikipedia, 21.06.2014; der Hinweis entstand aus dem Dialog mit stud. math. Simon Höfer. Die Zuordnung der Zahl 1 zu Gott stimmt mit vielen biblischen Aussagen zur Einzigartigkeit und zur Alleinstellung Gottes überein. Vgl. zum Beispiel 5. Mose 6,4: Höre, Israel, der HERR ist unser Gott, der HERR allein. Vgl. auch E.W. Bullinger, Number in Scripture, Grand Rapids 1979, S. 50 ff.

[2] Kolosser 2,8.

[3] Der Kreuzberger protestantische Theologe Uwe Birnstein macht in seinem Buch „Toleranz und Scheiterhaufen. Das Leben des Michael Servet“, Vandenhoeck &Ruprecht 2013, auf einen der schrecklichsten Märtyrertode aufmerksam, den die Reformation gegen die Leugnung der Dreieinigkeit glaubte veranlassen zu müssen, namentlich Johannes Calvin im Zusammenspiel mit der römischen Inquisition. Zum Märtyrertod Servets vgl. auch Stefan Zweig „Castellio gegen Calvin oder ein Gewissen gegen die Gewalt“, Fischer-Taschenbuch Frankfurt am Main 1985, Erstausgabe 1936 bei Herbert Reichner Verlag in Wien Vgl. auch Karl Heussi, Kompendium der Kirchengeschichte, 12. Auflage Tübingen 1960, S. 330 f.

[4] Auf die Bibelstelle wies Georg Schmid hin.

[5] Auf die Bibelstelle wies ebenfalls Georg Schmid hin.