Pfingsten 1.11: Warum hat die Dynamik der ersten Gemeinde in Jerusalem nicht angehalten?

Teilnehmer 9: Ich muss etwas Wermut in den Wein schütten. Wir haben in diesem Kapitel, also in Apostelgeschichte 2, zwei wunderbare Aussagen über das Wachstum der Gemeinde. Nach Vers 41 vermehrte sich die Gemeinde am Tag der Pfingsten um 3000 Menschen. Und nach Vers 47 konnte Gott täglich Menschen zu der Gemeinde hinzufügen, die Jesus als Retter und Messias annahmen. Aufgrund von Lehre, Gemeinschaft auch im Materiellen und Gebet. Warum hat diese Dynamik nicht angehalten? Warum hat Paulus sogar später für die Gemeinde in Jerusalem gesammelt?[1] Waren sie erst wie verliebt und dann hat sie der Alltag eingeholt?

 

Teilnehmer 10:  Vielleicht. Vielleicht spielt auch die Zerstörung Jerusalems und des Tempels eine Rolle. Aber die Sammlung von Paulus für die Gemeinde in Jerusalem fand natürlich schon vor der Zerstörung Jerusalems statt.

 

Teilnehmer 11: Wir dürfen nicht übersehen, dass es schon vor der Zerstörung Jerusalems eine heftige Verfolgung der Gemeinde durch die jüdäische Führung gab – einer der Promotoren war ein gewisser Paulus.[2] Wenn man so will, könnte das ein gewisses „Ausbluten“ der Gemeinde in Jerusalem zur Folge gehabt haben. Aber zugleich ging die Dynamik an vielen anderen Orten weiter, so dass innerhalb einer Generation der ganze Erdkreis mit dem Evangelium von Jesus Christus erreicht wurde.

 

Teilnehmer 2: Dennoch: Pfingsten ist das Fest der Einheit. Die Apostel waren sich einig, und die in Apostelgeschichte 2 beschriebene Gemeinde war sich einig. Ich zitiere noch einmal Apg. 2,1: „Und als der Pfingsttag gekommen war[3], waren sie alle an einem Ort beieinander.“ Im Griechischen lautet der Vers: και εν τω συμπληρουσθαι την ημεραν της πεντηκοστης ησαν απαντες ομοθυμαδον (oder homou[4]) επι το αυτο (kai en too sümplärousthai tän hämeras täs pentäkostäs äsan apantes homothümadon epi to auto). Sowohl das Wort ομοθυμαδον (homothümadon) wie das Wort ομοιος (homoios),  das die Lutherbibel mit „beieinander“ übersetzt, hat (auch) die Bedeutung von „einmütig“ oder „übereinstimmend“ bzw. im Englischen „with one accord“.[5] Um diese Einmütigkeit musste schon bald gerungen werden.

 

Teilnehmer 11: Davon lesen wir zum Beispiel in Apg. 15, 1-35, und Apg. 21, 18-22.

 

Teilnehmer 7: Wir haben verschiedentlich etwas über Zwietracht in Familien gehört. Zwietracht weist in Richtung Tod. Aber Epheser 4,4 betont: „ein Leib und ein Geist“ und Epheser 4,5 fügt hinzu: „eine Taufe“. Aus gebrochener Gemeinschaft finden wir nicht aus uns selbst heraus zu dieser Einheit, sondern Jesus hat uns den Geist Gottes gegeben. Zinzendorf hat uns die Liedzeile hinterlassen: „Und wenn Eurer Liebeskette Festigkeit und Stärke fehlt, o so flehet um die Wette, bis sie Jesus wieder stählt.“

 

 

 



[1] Diese Frage stellte Oliver Wurl am 23.05.2018.

[2] Vgl. Apostelgeschichte 7,54 – 8,4.

[3] Voll gekommen war; erfüllt war.

[4] So Textus Receptus (TR) und  Byzantine Majority Text (BM).

[5] Vgl. Menge-Güthling, S. 489.

 

Teilnehmer 8: Nach Galater 5,19-22, sind Zwietracht und Spaltungen ein Werk des Fleisches. Frieden, Geduld und Freundlichkeit aber sind eine Frucht des Geistes.[1] Darauf zielt auch das Abendmahl nach 1. Kor. 10, 16-17: „Der gesegnete Kelch, den wir segnen, ist der nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Das Brot, das wir brechen, ist das nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi? Denn ein Brot ist's: So sind wir viele ein Leib, weil wir alle an einem Brot teilhaben.“

 

Teilnehmer 5: Wie schön wäre es, wenn Gott uns schenkt, so zusammenzuwachsen – in Freiheit und Innigkeit. Das war damals so anders als heute.

 

Teilnehmer 6: Aber eben nur ganz am Anfang. Wir lesen in der Apostelgeschichte und in den Briefen auch viel über Korrekturen zum Leben. Schon in Apg. 5, 1-11, werden Hananias und Saphira von Petrus eindrücklich korrigiert[2] – aber solche Korrekturen müssen auch tatsächlich stattfinden. Wir werden so schnell nicht fehlerfrei sein. Die entscheidende Frage ist, ob wir bereit sind, immer wieder zur Einheit des Geistes und zur Lehre der Apostel – zwei Seiten einer einzigen Medaille - zurückzukehren und uns korrigieren zu lassen.

 

Teilnehmer 7: Schon bei den Korinthern gab es verschiedene Konfessionen.

 

Teilnehmer 8: Aber sie erfuhren ja auch Korrektur durch den deutlichen Hinweis auf Christus: „Darum rühme sich niemand eines Menschen; denn alles ist euer: Es sei Paulus oder Apollos oder Kephas, es sei Welt oder Leben oder Tod, es sei Gegenwärtiges oder Zukünftiges, alles ist euer, ihr aber seid Christi, Christus aber ist Gottes.“[3]

 

Teilnehmer 9: Die Christenheit hat die Welt zum Besseren verändert und verändert sie weiter – trotz vieler Spaltungen aufgrund der Tatsache, dass immer wieder von der Apostel Lehre abgewichen wird, das Gemeinschaft nicht gepflegt wird und das gemeinsame Gebet zu kurz kommt. Wo ständen wir, wenn Einmütigkeit in der gesamten Gemeinde Jesu vorherrschend wäre? Wären die Völker mehrheitlich Jünger Jesu und hätte Israel längst seinen und unseren Messias herbeirufen? Wäre der HErr schon zurück und hätte sein Königreich auf Erden schon begonnen?

 

Teilnehmer 12: Leider geht schon bei dem Thema „Reden in Zungen“ ein tiefer Riss durch den Leib Christi. Doch wir sollten nicht nachlassen, gerade in dieser pfingstlichen Frage in Liebe nach Einheit zu streben.

 


[1] Dieses Statement gab Aha.

[2] Darauf wies Jutta Richter hin. Der gesetzlich verfremdete Gedanke, alles hingeben zu müssen, verfinstert die Herzenshaltung des freiwilligen fröhlichen Gebens.

[3] 1. Korinther 3, 21-23.

 

Titelbild: Die Missionsreisen des Paulus, entnommen der Website https://www.churchofjesuschrist.org/study/scriptures/bible-maps/map-13?lang=deutsch. Die erfolgreichen Missionsreisen des Apostels Paulus sind nur ein Beispiel für Dynamik der Gemeinde Christi im ersten Jahrhundert nach der Himmelfahrt Jesu.