Pfingsten 5.1:  Was heißt hier „glauben“? Senfkorn und Feigenbaum!

Teilnehmer 12: Eine kurze Rückblende. Wir diskutieren immer noch in diesen Wochen nach Pfingsten die Kraft des heiligen Geistes, die der Gemeinde Jesu zur Verfügung steht. Wir haben uns gründlich Apostelgeschichte 2 angesehen[1] – das erste Pfingstfest nach der Himmelfahrt Jesu. Wir haben uns mit 1. Korinther 12 befasst, das Kapitel, in dem Paulus die Grundzüge der Kraft des heiligen Geistes lehrt – und zwar in der Gemeinde, dem Leib Christi.[2]

 

 

 

Teilnehmer 11: Und nicht zuletzt, weil die großen Kirchen unisono das Trinitätsfest mit Pfingsten verknüpfen, haben wir anhand von Johannes 17[3] über den Gehalt biblischer Trinität gesprochen – einer Trinität von Gott, dem himmlischen Vater, und seinem Sohn, den Menschen Jesus Christus,[4] und der Gemeinde Jesu Christi, die mit dem heiligen Geist, eben mit Kraft aus der Höhe ausgerüstet ist.

 

 

 

Teilnehmer 1: Die Quintessenz von 1. Korinther 12 scheint mir zu sein, die praktische Bedeutung dessen klar zu machen,  dass wir Christen heiligen Geist haben und ihn gemeinschaftlich sichtbar machen.  Wir sind nach Vers 8 in der Lage, Worte der Weisheit und der Erkenntnis von Gott zu empfangen..[5] Wir sind nach Vers 9 in der Lage, den heiligen Geist in uns durch den Glauben zu zeigen, von dem Jesus in dem Vergleich mit dem Senfkorn gesprochen hat[6] und den er zwei Mal anhand eines Feigenbaums vorgeführt hat.

 

 

 

Teilnehmer 10: Zwei Mal?

 

 

 

Teilnehmer 1: Ja. Einmal geschah das Wunder, dass ein Feigenbaum auf sein Wort hin über Nacht verdorrte. Und einmal geschah es, dass ein Feigenbaum auf sein Wort hin  augenblicklich verdorrte[7].

 

 

 

Teilnehmer 2: Das erinnert mich an einen Ausspruch von Mahatma Gandhi: Christen haben in ihrer Obhut ein Dokument mit genug Dynamit in sich, die gesamte Zivilisation in Stücke zu blasen, die Welt auf den Kopf zu stellen; dieser kriegszerrissenen Welt Frieden zu bringen. Aber sie gehen damit so um, als ob es bloß ein Stück guter Literatur ist, sonst weiter nichts.“[8]

 

 

 



[1] Vgl. die Hauskreisdialoge „Pfingsten 1: Sie fingen an, in anderen Zungen zu reden“.

[2] Vgl. die Hauskreisdialoge „Pfingsten 2“.

[3] Vgl. die Hauskreisdialoge „Pfingsten 3: Herrlichkeit durch Einheit im Geist“.

[4] Anatoli Uschomirski, Die Bergpredigt aus jüdischer Sicht, SCM Hänssler 2020, S. 37, gibt folgende Definition von „Sohn Gottes“: „Zur Zeit Jesu wurde derjenige als „Sohn Gottes“ bezeichnet, der kraft seiner besonderen göttlichen Erwählung in einem so engen auf Liebe und Gehorsam beruhenden Verhältnis zu Gott steht wie ein Sohn zu seinem Vater. … Die Hebräische Bibel bezeichnet als Sohn Gottes:

1. einen besonders gerechten Menschen, einen zaddik

2. das ganze Volk (Hosea 11,1)

3. meistens den König Israels (2. Samuel 7,14)“

[5] Vgl. die Hauskreisdialoge „Pfingsten 4“.

[6] Lukas 17, 5-6; Matthäus 17, 19-20.

[7] Matthäus 21, 18-22; Markus 11, 20-24. Siehe dazu auch das Hauskreisgespräch „Passion 4: 3 Tage vor Passa“.

[8] Zitiert nach

https://www.evangeliums.net/zitate/mahatma_gandhi.htm

 

 

 

 

 

Titelbild: Feigenbaum. Standort: Berlin, Leydenallee 54. Foto: H.H.

 

Teilnehmer 3: Das erinnert mich wiederum – zum Teil im Gegensatz zu Gandhi, aber das Dynamit in der frühen Gemeinde bestätigend -  an Vers 6 in Apostelgeschichte 17: „Diese, die den ganzen Weltkreis erregen, sind jetzt auch hierher gekommen;“[1] Dies sagten die Juden in Thessaloniki über Paulus und Silas.

 

 

 

Teilnehmer 4: Jedenfalls ist das Offenkundigmachen oder die Manifestation des Geistes auf einer alltäglichen Basis Dynamit. Es ist dynamis[2], von der Gebrauch gemacht wird.

 

 

 

Teilnehmer 5: Es ist das Brennen der Öllampe der Jungfrauen, von denen Jesus in Matthäus 25 spricht. Jesus ist dabei, für uns Wohnungen zu bereiten.[3] Wenn er fertig ist, möchte er uns mit einem brennenden Geist und nicht einem vergrabenen finden.[4]

 

 

 

Teilnehmer 12: Und diese Art zu glauben hat Jesus im Zusammenhang mit Heilungen oft genug hervorgehoben – zum Beispiel in Matthäus 8,10; 9,2; 9,22; 9,29; 15,28.

 

 

 

Teilnehmer 1: Mir scheint es wichtig zu sein, dass Glauben als Manifestation des heiligen Geistes in 1. Korinther 12 auf das Wort der Weisheit und das Wort der Erkenntnis folgt. Mir scheint es vor allem darum zu gehen, dem zu vertrauen bzw. zu glauben[5], was dem Gläubigen durch Wort der Erkenntnis bzw. Wort der Weisheit geoffenbart wird.

 

 

 

Teilnehmer 2: Mir scheint es an dieser Stelle angebracht, Hebräer 11 als großes Kapitel des Glaubens einzubeziehen, das uns die Spannweite und das letzte Ziel unseres Glaubens und Vertrauens in Gott zeigt.[6]

 



[1] Darauf wies Georg Schmid hin. Was die Juden in Thessaloniki sagten, ist wohl wörtlich richtig: Es gelang in einer Generation, die ganze Welt mit dem Evangelium vom Reich Gottes zu erreichen.

[2] Δυναμις: Kraft, etwas auszurichten; Stärke, Kriegsmacht, Fähigkeit, Macht, Einfluss etc. Menge-Güthling, S. 192.

[3] Johannes 14. Jesus spricht hier im Anschluss an seine Ankündigung an Petrus, dass dieser ihn verleugnen wird. Jesus hatte gesagt, dass Petrus ihm in dieser Situation – am Abend vor seiner Verhaftung, nachdem er zu Judas Iskarioth gesagt hatte „Was du tust, das tue bald.“ – nicht folgen kann. Aber dann folgen Worte des Trostes und der Sendung: Es geht um den Weg zum Vater im heiligen Geist. Und Jesus geht, um die Ausgießung des heiligen Geistes zu ermöglichen; figurativ: um bei Gott wohnen zu können, auf Erden und im Himmel. Vgl. Epheser 1, 10.

[4] Jesus zieht hier die Hochzeitsgebräuche des Orients heran, um seine Gläubigen dazu anzuhalten, sich auf die kommende Vereinigung mit ihm vorzubereiten. Vgl. dazu Rob Bell, Sex.Gott,, Worum es eigentlich geht, Brunnen Verlag Gießen 2008, deutsche Übersetzung von Sex.God, Exploring the Endless Connections between Sexuality and Spirituallity, Michigan 2007,  S. 173-176. Dieser drastische Vergleich Jesu mit den zehn Jungfrauen bezieht sich wohl in erster Linie auf seine Braut Israel. Israel hat alles, um wiedergeboren zu werden und heiligen Geist zu empfangen. Allerdings nehmen fünf der zehn Jungfrauen das Öl nicht. Im Gegensatz dazu hat die Gemeinde Jesu – ganz gleich, ob der einzelne Gläubige aus Israel oder aus den (anderen) Völkern kommt - per definitionem heiligen Geist, also Öl in der Lampe. Aber jetzt ist die Frage, ob die einzelnen Gläubigen das Öl anzünden, damit es leuchtet, also den heiligen Geist Gottes ergreifen, um damit in der von JHWH vorgesehenen Weise zu wirken.

[5] Das hier zugrunde liegende griechische Wort πιστις bedeutet in erster Linie „Vertrauen, Zutrauen, Zuversicht, Glaube“, aber auch Anerkennung, Ansehen, Geltung, Kredit, Überzeugung und Treue, Zuverlässigkeit, Sicherheit, Garantie, Versprechen, Bündnis, Glaubwürdigkeit, Beweis etc. Vgl. Menge-Güthling, S. 556.

[6] Damit wird ein Zuruf von Bernd Schneider, Schottland, aufgegriffen, den er im Zusammenhang mit der Betrachtung des bösen Geistes auf Saul in 1. Samuel 15 gegeben hat.