Gerechtigkeit in Gesellschaft und Staat

Teilnehmer 3: Ich mag noch nicht abschließen. Gerade haben wir den Film „Matthäus“ aus dem Hänssler-Verlag[1] gesehen, und da ist mir Matthäus 12, 15-21, ins Herz gefallen. Nachdem Jesus einen Mann mit einer verdorrten Hand am Sabbat geheilt hatte und daraufhin die Pharisäer berieten, wie sie Jesus umbringen könnten, entweicht Jesus und gebietet, nicht zu erzählen, wo er sich aufhält, damit sich eine Prophetie Jesajas[2] über ihn erfüllt.

 

Teilnehmer 4: Ich lese schon Matthäus 12, die Verse 18-21: „18 »Siehe, das ist mein Knecht, den ich erwählt habe, mein Geliebter, an dem meine Seele Wohlgefallen hat; ich will meinen Geist auf ihn legen, und er soll den Völkern das Recht verkündigen. 19 Er wird nicht streiten noch schreien, und man wird seine Stimme nicht hören auf den Gassen; 20 das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen, bis er das Recht zum Sieg führt; 21 und die Völker werden auf seinen Namen hoffen.«

 

Teilnehmer 5: Ich verstehe noch nicht, ob das nun alles schon erfüllt ist oder sich noch erfüllen wird. Nach den Evangelien betont Jesus ja wiederholt, dass er zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt ist und nicht zu den (übrigen) Völkern.[3]

 

Teilnehmer 6: Jesus wird wohl erst nach seiner Rückkehr auf die Erde in direkten Kontakt treten zu den Völkern. In der Zwischenzeit hat er den Auftrag an die Völker seinem Leib, also seiner Gemeinde hier auf der Erde übergeben. Das wird am Schluss des Matthäus-Evangeliums in Kapitel 28, Verse 18-20, deutlich: „18 Und Jesus trat herzu, redete mit ihnen und sprach: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. 19 Darum gehet hin und lehret alle Völker ... 20 und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“

 

Teilnehmer 7: Ist dafür auch seine Methode verbindlich, nämlich „nicht streiten noch schreien, und man wird seine Stimme nicht hören auf den Gassen“?

 

Teilnehmer 8: Jedenfalls bedenkenswert. Johannes 13, 34-35, deutet darauf hin: „34 Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch geliebt habe, damit auch ihr einander lieb habt. 35 Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.“

 

Teilnehmer 9: Mich interessiert eine andere Frage: Hat die Gemeinde etwas zum Recht der Völker beigetragen?[4]

 

Teilnehmer 10: Da fällt mir eine ganze Menge ein, wenn auch unter vielen Rückschlägen – je nachdem, wie überzeugend die Gemeinde war und welchen Einfluss sie auf die führenden Kreise in den Gesellschaften und Staaten der Völker hatte.

 

Teilnehmer 11: Ich stehe auf dem Schlauch. Was könnte das denn sein?

 

Teilnehmer 10: Nun, von welchen Staaten und Gesellschaften geht der Gedanke der Menschenrechte aus? Wo ist Rechtsstaatlichkeit weitgehend verwirklicht? Wer hat die Sklaverei geächtet und abgeschafft? Wo gibt es die Gleichberechtigung der Frau, jedenfalls vor dem Gesetz? Wo brach sich die freie wissenschaftliche, wirtschaftliche und technologische Betätigung Bahn? Wo wurde der Sozialstaat eingeführt?

 



[1] 4. Auflage 2008. Vergriffen.

[2] Jesaja 42, 1-4.

[3] Vgl. z.B. Matthäus 15, 24; 10, 5-6.

[4] Papst Franziskus betont die Gerechtigkeit gegenüber den Hilflosen und zitiert dazu Jesaja 1, 17: „Trachtet nach Recht, helft den Unterdrückten, schafft den Waisen Recht, führt der Witwen Sache!“ (Hier Lutherfassung 2017; zupackender die Fassung dieser Verse, die Papst Franziskus in der deutschen Ausgabe gibt: „Sucht das Recht! Schreitet ein gegen die Unterdrücker! Verschafft den Waisen Recht, streitet für die Witwen!“ Freut euch und jubelt, a.a.O., S. 68.

 

Teilnehmer 12: Eine beeindruckende Liste. Und natürlich mit großen Unvollkommenheit. Mit vor und zurück. Mit harten Rückschlägen – man denke nur an das „Dritte Reich“ in Deutschland. Und in der Sozialpolitik geht es immer wieder darum, den einen zu helfen und die Leistungsträger nicht zu überfordern.

 

Teilnehmer 1: Alles richtig. Zum „Dritten Reich“ möchte ich noch auf die Buße danach hinweisen und die darauf folgende Wiederherstellung der deutschen Einheit. Insgesamt scheinen mir die Christen aber erheblich zu einer „Vorschattierung“ des künftigen Friedensreiches unter der Herrschaft von Jesus von Nazareth, dem Sohn Davids und Abrahams, beigetragen zu haben. Und hoffentlich auch weiter tun. In aller Stille durch die Liebe untereinander und für die Nächsten.

 

Teilnehmer 2: Und mit Rückhalt für ihre Protagonisten in Politik und Gesellschaft.

 

Teilnehmer 3: Und noch eine Bemerkung. Ungefähr ein Drittel der Bergpredigt widmet Jesus dem Thema „Gerechtigkeit“. Dabei geht er auf das Gesetz Mose und die Propheten ein und macht klar, dass es nur vordergründig um das Verhalten geht, im Kern aber um unsere Herzenshaltung.[1] Und Maßstab dafür ist das Herz Gottes.[2] Damit ist auch klar, dass das Gesetz nur zu halten ist, wenn wir Teilhaber der göttlichen Natur werden.[3]

 

Teilnehmer 4: Dabei streift er auch das Glück der Versöhnung,[4] der Ehe,[5] des verlässlichen Wortes[6] und der Feindesliebe.[7]

 

Teilnehmer 5: Und mit den Themen Gebet,[8] Wohltätigkeit,[9] Fasten,[10] der Sorge um Mammon,[11] Prophetie und Lehre[12] rückt Jesus unser Verhältnis zu Gott, dem himmlischen Vater, in den Fokus.

 

Teilnehmer 6: Und gerade bei dem Befolgen der guten Lehre von Jesus, das er in Matthäus 7, 24-27, betont, geht es um das Glück des Tuns, von dem wir bei Jakobus gelesen haben.

 



[1] Vgl. Matthäus 5, 16 – 48; 6, 33; 7, 1-5, und 12-14.

[2] Matthäus 5,48.

[3] 2. Petrus 1, 3-4.

[4] Matthäus 5, 21-26; 38-42; 6, 12 und 14-15.

[5] Matthäus 5, 27-32.

[6] Matthäus 5, 33-37.

[7] Matthäus 5, 43-48. Im Literarischen Sonntagscafé hat uns Silke Blessing das Buch von Hoimar von Ditfurth „Innenansichten eines Artgenossen – Meine Bilanz“ nahegebracht. Die Quintessenz: In der Feindesliebe liegt unsere Zukunftsfähigkeit.

[8] Matthäus 6, 5-13; 7, 7-11.

[9] Matthäus 6, 1-4.

[10] Matthäus 6, 16-18.

[11] Matthäus 6, 19-34.

[12] Matthäus 7, 6; 15-27.

 

 

Titelbild: Petrus mit dem Schlüssel, den jeder Messias-Gläubige hat - vgl. Matthäus 16,19 und 18,18. Standbild in Kapernaum, Galiläa; im Hintergrund der See Genezareth. Foto: H.H.