Auferstehung 1.6: Maria Magdalena hört, erkennt und glaubt

Teilnehmer 10: Wir lieben Gottes Wort, und Liebenden kann mehr eröffnet werden. Der Jünger, den Jesus wie einen Freund liebte, sah und glaubte. Die Fortsetzung des Berichts betrifft die Frau, die ihm besonders zugetan war und an diesem Tag besonders früh auf den Beinen war.

 

Teilnehmer 2: Du meinst Maria Magdalena?

 

Teilnehmer 10: Ja, aus Liebe zum Meister geht sie zum Grab des Gekreuzigten und Verstorbenen. Ich finde es atemberaubend, wie der Ort am Grab zum Ort der Begegnung wird. Zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte geht jemand von innen nach außen aus dem Grab für immer. [1]

 

Teilnehmer 11: Ich lese Johannes 20, Verse 11-16: Maria aber stand draußen vor dem Grab und weinte. Als sie nun weinte, schaute sie in das Grab und sieht zwei Engel in weißen Gewändern sitzen, einen zu Häupten und den andern zu den Füßen, wo sie den Leichnam Jesu hingelegt hatten. Und die sprachen zu ihr: Frau, was weinst du? Sie spricht zu ihnen: Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben. Und als sie das sagte, wandte sie sich um und sieht Jesus stehen und weiß nicht, dass es Jesus ist. Spricht Jesus zu ihr: Frau, was weinst du? Wen suchst du? Sie meint, es sei der Gärtner, und spricht zu ihm: Herr, hast du ihn weggetragen, so sage mir, wo du ihn hingelegt hast; dann will ich ihn holen. Spricht Jesus zu ihr: Maria! Da wandte sie sich um und spricht zu ihm auf Hebräisch: Rabbuni!, das heißt: Meister!

 

Teilnehmer 11: Ich finde es sehr berührend, dass Jesus sich zwar zunächst in fremder Gestalt der Maria zeigt, sich dann aber in der Art und Weise, wie er ihren Namen ausspricht, ihr zu erkennen gibt. Welch eine Melodie der Liebe. Maria von Magdala ist die zweite, die begreift, dass Jesus auferstanden ist.

 

Teilnehmer 1: Was liegt näher, als dem Meister um den Hals zu fallen?

 



[1] Das alles sagte Aha am 4.4.2018.

 

Titelbild: Jesus gibt sich nach seiner Auferstehung Maria Magdalena zu erkennen. Ausschnitt aus der dreidimensionalen Grußkarte "Auferstehung Christi" mit Holzintarsien aus dem St. Benno Verlag GmbH, Leipzig, dem Hauskreissekretär zum Auferstehungsfest 2020 zugesandt von den Hauskreisgliedern Wurl, da Besuche wegen der Corona-Krise nicht erlaubt waren.

Copyright: St. Benno Verlag GmbH, Leipzig. Erteilt per email vom 22. April 2020, 7.37 Uhr.

 

Teilnehmer 12: Aber das verwehrt ihr Jesus in Vers 17: „Spricht Jesus zu ihr: Rühre mich nicht an! Denn ich bin noch nicht aufgefahren zum Vater. Geh aber hin zu meinen Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott“.[1]

 

Teilnehmer 1: Das finde ich seltsam. Wenn damit die Himmelfahrt 40 Tage später gemeint sein sollte, warum darf ihn dann Thomas am Abend berühren?

 

Teilnehmer 2: Es geht hier in der Tat noch nicht um die Himmelfahrt, die die Periode des Auferstandenen leibhaftig hier auf der Erde abschließt.[2] Es geht darum, dass er sich in Erfüllung des alttestamentlichen Schwingopfers als Erstling der Ernte dem himmlischen  Vater präsentiert. Das geschieht am Vormittag dieses ersten Tages der Woche, aber es ist noch nicht geschehen zur Zeit der Begegnung mit Maria von Magdala.[3]

 

Teilnehmer 3: Natürlich will Maria das Erlebte mit den anderen Jüngern teilen. Johannes 20, 18: Maria von Magdala geht und verkündigt den Jüngern: Ich habe den Herrn gesehen, und das hat er zu mir gesagt. Das Ergebnis ist äußerst zurückhaltend, wie Markus in einer Art  Zusammenfassung der Erscheinungen des Auferstandenen berichtet im 16. Kapitel, Verse 10-11: „Und sie ging hin und verkündete es denen, die mit ihm gewesen waren und Leid trugen und weinten: Ich habe den Herrn gesehen, und das hat er zu mir gesagt. Und als diese hörten, dass er lebe und sei ihr erschienen, glaubten sie es nicht.“

 

Teilnehmer 12: Aber das ändert sich schon bald bei den Frauen unter ihnen.

 



[1] Jesus unterscheidet hier unmissverständlich zwischen sich und Gott. Und er macht deutlich, dass er mit uns und wir mit ihm den selben Gott und himmlischen Vater haben. Diese Klarstellungen sind wichtig, damit der Ausruf von Thomas acht Tage später „Mein Herr und mein Gott“ nicht zu Missverständnissen führt. Wenn Thomas mit „Gott“ wirklich Jesus gemeint haben sollte, dann im Sinne höchster Referenz für einen Menschen, der Gott vertritt, und nicht im Sinne von Schöpfergott oder himmlischer Vater. Ebenso denkbar ist, dass ihm im Moment des Ausrufs die Größe Gottes in neuer Dimension bewusst wird und er – ähnlich wie heute Menschen „Oh mein Gott“ rufen im Falle großen Erstaunens oder auch Erschreckens. Es kann dann dahingestellt bleiben, ob mit „Herr“ Jesus gemeint ist oder der HERR, also der Schöpfergott und himmlische Vater, den die Lutherbibel wie etliche andere Ausgaben auch im Alten Testament in Großbuchstaben setzt, im Neuen Testament aber nicht.

[2] Hier wird im Griechischen das Verb anabainoo (auffahren) gebraucht, während für die Himmelfahrt 40 Tage später das Verb poreuomai (hingehen) Verwendung findet. Guardini benutzt in seinem Buch „Der Herr“ neu von Wolfgang Rüttenauer übersetzte biblische Texte (Vorwort, a.a.O., S. XI). Vers 17b lautet dort: „Ich fahre nun hinauf zu meinem Vater und eurem Vater, zu meinem Gott und eurem Gott.“ Das „nun“ kann dem griechischen (leichten und manchmal unmerklichen) Gegensatzwort de entnommen sein.

[3] Das erläuterte Georg Schmid. Vgl. auch 3. Mose 23, 10-21. Jesus erfüllte das Gesetz in allen seinen Aspekten. Wie und wo sich Jesus dem himmlischen Vater zeigte, wird nicht beschrieben. Vielleicht gibt Jesaja 14, 13 mit dem „Berg der Versammlung“ im fernsten Norden des Sternenhimmels einen Anhaltspunkt. Vgl. zur weiteren Anregung der Vorstellungen mit vielen Fragezeichen vielleicht Werner Papke, Das Zeichen des Messias, Bielefeld 1995, S. 81 ff.