Offb. 2.3.1: Gegen falsche toleranz

 

Leonhard: Kommen wir zu dem dritten Sendschreiben, gerichtet an den Boten der Gemeinde in Pergamon: „12Und dem Engel der Gemeinde in Pergamon schreibe: Das sagt, der da hat das scharfe, zweischneidige Schwert:“

 

Heinrich: Ich werde zu diesem Sendschreiben an den Boten der Gemeinde zu Pergamon einstreuen, was Heinrich Langenberg dazu schreibt.[1] In jedem Sendschreiben wird ein Charakteristikum des Absenders Jesus aus Kapitel 1, Verse 13-16, aufgegriffen. In dem Sendschreiben an den Boten der Gemeinde zu Pergamon ist es das zweischneidige Schwert, das aus seinem Munde geht – womit klar ist, dass es Sein Wort ist, das hier zerschneidet bzw. nach Hebräer 4, Verse 12-13, klar macht, was geistlich von Gott ist und was aus der Seele von Menschen kommt. „Mit diesem Schwert erzieht der Herr die Überwinder. Mit dem demselben Schwert werden einst die Nationen geschlagen (Kapitel 19, Verse 15 und 21). Es ist in beiden Fällen ein Schwert nicht zum Vernichten, sondern ein Schwert der Zurechtbringung, der Zuteilung.“[2] Man kann es wohl auch als „Rute der Zucht“ bezeichnen.[3]

 

Leonhard: Ich fahre fort: „13Ich weiß, wo du wohnst: da, wo der Thron des Satans ist; und du hältst an meinem Namen fest und hast den Glauben an mich nicht verleugnet, auch nicht in den Tagen, als Antipas, mein treuer Zeuge, bei euch getötet wurde, da, wo der Satan wohnt.“

 

Heinrich: Langenberg greift das Wort „wohnen“ auf: „Bei <wohnen> ist wohl nicht an die äußere Umgebung in der Stadt Pergamon, wo der Sitz des Äskulapkultes war, zu denken; denn das hätte ebenso gut auf Ephesus als den Sitz des Dianakultes gepasst. Aber Satans Thron ist nicht in der Heidenwelt, höchstens wird der heidnische Kultus mit Dämonen in Verbindung gebracht (vgl. 1. Kor. 10,20). Mit Satans Thron ist auch nicht der Sitz des Obergerichts in Pergamon gemeint, sondern er ist in Beziehung zu bringen zur Synagoge Satans (Vers 9).  ... Satan wird der große Gegenspieler genannt, wenn es sich um den Kampf handelt, bei welchem der Widersacher gewisse Rechtsgrundsätze geltend macht, die Gott anerkennt. Für diesen Kampf findet er im christusfeindlichen Judentum den rechten Boden. Der Thron Satans ist da, wo der jüdische Hass vor keinem Mord zurückschreckt. In Pergamon floss das Blut des Märtyrers Antipas.“

 

Friedrich: Dieser Mord könnte damit zusammenhängen, dass Antipas nicht den Kaiser als Gott verehrte und/oder dessen von Juden bezichtigt wurde.[4]

 

Georg: Das mit den christusfeindlichen Juden scheint mir weit hergeholt zu sein. Ich erinnere daran, dass Kaiser Wilhelm II den Pergamon-Altar[5] nach Berlin holte. Die Folge war die Berliner Erklärung von 1909[6], in der der Gnadauer Verband und einige Baptisten die Pfingstbewegung mit den Manifestationen des heiligen Geistes als „teuflisch“ zurückwiesen. Anstatt Licht zu sein, bereiteten damit diese kirchlichen Kreise dem antichristlichen Adolf Hitler den Weg. Weitere Auswirkungen sind die Verbreitung von sexueller Unmoral und die Genderdiskussion mit der Vermehrung der Geschlechter. Es wäre gut, wenn der türkische Bürgermeister aus der Gegend von Bergamon mit seinen Bemühungen Erfolg hätte, den Altar wieder zurückzuholen.

 



[1] Heinrich Langenberg, Die Apokalypse ..., S. 67 ff.

[2] Heinrich Langenberg, ebenda, S. 68.

[3] Vgl. Hebräer 12, Vers 6.

[4] Den Hinweis auf den die Stadt überragenden Kaisertempel und das Verlangen des Kaisers nach Gottesverehrung verdankt der Hauskreissekretär Enno Brogmus, Mitglied der Christus-Gemeinde Woltersdorf.

[5] Vgl. teils korrigierend auch die Seite „Pergamonaltar“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 20. September 2021, 15:42 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Pergamonaltar&oldid=215753103 (Abgerufen: 7. Februar 2022, 10:47 UTC)

[6] Seite „Berliner Erklärung (Religion)“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 8. November 2020, 15:55 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Berliner_Erkl%C3%A4rung_(Religion)&oldid=205323995 (Abgerufen: 7. Februar 2022, 10:29 UTC) „Konstatiert wird in ihr, dass es sich bei der Pfingstbewegung nicht um eine Bewegung von oben (also von Gott her) handele, sondern um eine von unten, also von Satan her, die viele Elemente mit dem Spiritismus gemein habe und von der man sich fernhalten solle.“

 

 

 

 

Kurt: Wahrscheinlich würde bedauerlicherweise der Touristenandrang in der Türkei wesentlich geringer sein als der in Berlin. Außerdem bleibt festzuhalten, dass es für türkische Rückgabeansprüche keine Grundlage gibt, da alle Ausfuhren nach Berlin durch türkisch-deutsche Verträge sauber geregelt wurden.

 

Heinrich: Ist es nicht recht eigenartig, den alten Steinen des Pergaman-Altars so viel magische Kraft zuzuschreiben, dass daraus eine Berliner Erklärung entsteht? Oder sogar das „Dritte Reich“, das längst untergegangen ist, oder die Genderdiskussion unserer Tage?

 

Meinhard: Nach diesem durchaus teilweise doch sehr bizarren Exkurs sollten wir zum Text zurückkehren.

 

Leonhard: „14Weniges aber habe ich gegen dich: Du hast Leute dort, die sich an die Lehre Bileams halten, der den Balak lehrte, ein Ärgernis aufzurichten vor den Israeliten, vom Götzenopfer zu essen und Hurerei zu treiben. 15So hast du auch Leute, die sich in gleicher Weise an die Lehre der Nikolaïten halten.“

 

Heinrich: Langenberg schreibt dazu u.a.: „Im Unterschied zum Ephesustyp, wo der Engel der Gemeinde die Werke der Nikolaiten hasst und auch ein heiliges Nichttragenkönnen falscher Apostel zeigt (Kapitel 2, 2.6), hat man im Pergamontyp schon eine Überbrückung der scharfen Gegensätze gefunden. <Dass du dort hast, die da festhalten usw.> Ein solches „Haben“ ist schuldhaft und zeugt von Pflichtversäumnis. Bei aller persönlichen Treue im Festhalten und Nichtverleugnen ist es leicht möglich, die Verantwortung für andere zu leicht zu nehmen. Da gibt es viele Kleinigkeiten, die doch zusammen ein großes Gewicht haben. Die falsche Toleranz hat ihre eigene Werdegeschichte. Die Geschichte Bileams, des Propheten, wird hier als Anschauungsunterricht gebraucht (vgl. 4. Mose 22-24).“ 

 

Leonhard: Und damit weiter im Text: „16Tue nun Buße; wenn aber nicht, so werde ich bald über dich kommen und gegen sie streiten mit dem Schwert meines Mundes.“

 

Heinrich: Das „Ich werde bald über dich kommen“ könnte man eigentlich als Überschrift über die gesamte Offenbarung des Johannes setzen. Hier wird deutlich, um was für ein „Kommen“ des Herrn Jesus es in der Offenbarung geht. Langenberg schreibt dazu: „Hierbei ist nicht an die Wiederkunft, die Parusie des Herrn zu denken, sondern an sein Kommen als Richter der Gemeinde in der Gegenwart. Das Gericht für den Engel der Gemeinde besteht dann darin, dass der Herr ihn beiseite setzt und den heiligen Krieg gegen die Nikolaiten selbst führt.“[1]

 



[1] Heinrich Langenberg, Die Apokalypse ..., S. 73.

 

Titelbild: Ausschnitt des Luther-Standbildes vor der Marienkirche in Pirna. Luther steht für Standfestigkeit: "Hier stehe ich, ich kann nicht anders", sagte er auf dem Reichstag zu Worms. Foto: H.H.