Glück 8.5: Paulus in Philippi - Salz und Licht (Apg. 16, 11-40)

Teilnehmer 12: Wir lesen also in Apostelgeschichte 16, Verse 11-40, ein weiteres biblisches Beispiel für Salz und Licht, bei dem es um Bedrängnis und Gefängnis, aber nicht um Leben und Tod geht.

 

Teilnehmer 10: Ich beginne: „11 Da fuhren wir von Troas ab und kamen geradewegs nach Samothrake, am nächsten Tag nach Neapolis 12 und von da nach Philippi, das ist eine Stadt des ersten Bezirks von Makedonien, eine römische Kolonie. Wir blieben aber einige Tage in dieser Stadt. 13 Am Sabbattag gingen wir hinaus vor das Stadttor an den Fluss, wo wir dachten, dass man zu beten pflegte, und wir setzten uns und redeten mit den Frauen, die dort zusammenkamen. 14 Und eine Frau mit Namen Lydia, eine Purpurhändlerin aus der Stadt Thyatira, eine Gottesfürchtige, hörte zu; der tat der Herr das Herz auf, sodass sie darauf achthatte, was von Paulus geredet wurde. 15 Als sie aber mit ihrem Hause getauft war, bat sie uns und sprach: Wenn ihr anerkennt, dass ich an den Herrn glaube, so kommt in mein Haus und bleibt da. Und sie nötigte uns.“

 

Teilnehmer 11: Das ist eine schöne Geschichte. Zum Glück nichts von Verfolgung.

 

Teilnehmer 12: Doch dann passiert eine seltsame Begebenheit: „16 Es geschah aber, als wir zum Gebet gingen, da begegnete uns eine Magd, die hatte einen Wahrsagegeist und brachte ihren Herren viel Gewinn ein mit ihrem Wahrsagen. 17 Die folgte Paulus und uns überall hin und schrie: Diese Menschen sind Knechte des höchsten Gottes, die euch den Weg des Heils verkündigen. 18 Das tat sie viele Tage lang. Paulus war darüber so aufgebracht, dass er sich umwandte und zu dem Geist sprach: Ich gebiete dir im Namen Jesu Christi, dass du von ihr ausfährst. Und er fuhr aus zu derselben Stunde.“

 

Teilnehmer 1: In der Tat seltsam. Die Frau schrie doch die Wahrheit in die Welt. Warum war Paulus darüber so aufgebracht?

 

Teilnehmer 2: Man kann offenbar auch mit der Wahrheit auf die Nerven gehen. Hättest Du es gerne, wenn jemand hinter Dir herliefe und immer schreien würde: „Dies ist der Angestellte des BDI“, selbst wenn es die Wahrheit ist?

 

Teilnehmer 3: Das leuchtet ein, dass das sehr irritiert, um es milde auszudrücken. Es diskreditiert auch, selbst wenn es die Wahrheit ist. Die Frau ist ja wie eine Vogelscheuche und macht den, über den sie eine Wahrheit hinaus schreit, zu eben einer solchen. Es kommt eben auch darauf an, wer wie die Wahrheit redet.

 

Teilnehmer 4: Das dicke Ende kommt aber erst jetzt: „19 Als aber ihre Herren sahen, dass damit ihre Hoffnung auf Gewinn ausgefahren war, ergriffen sie Paulus und Silas, schleppten sie auf den Markt vor die Oberen 20 und führten sie den Stadtrichtern vor und sprachen: Diese Menschen bringen unsre Stadt in Aufruhr; sie sind Juden 21 und verkünden Sitten, die wir weder annehmen noch einhalten dürfen, weil wir Römer sind. 22 Und das Volk wandte sich gegen sie; und die Stadtrichter ließen ihnen die Kleider herunterreißen und befahlen, sie mit Stöcken zu schlagen.“

 

Teilnehmer 5: Du meine Güte, was für eine krasse Wende.

 

Teilnehmer 6: In der Tat. Aber kein Wunder. Es geht schließlich ums Geschäft – wenn auch eins mit Wahrsagerei.

 

Teilnehmer 7: Und da ist jedes Argument recht. Juden – das ist schon von Nachteil. Sittenwidrig – das ist unerhört. Die römische Kultur ist in Gefahr. Das Volk gerät in Wallung. Da machen die Stadtrichter kurzen Prozess. Es ist ja schließlich ihre Aufgabe, für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Beeindruckend, wie das Schema der Ungerechtigkeit funktioniert.

 

Teilnehmer 8: Es kommt noch härter: „23 Nachdem man sie hart geschlagen hatte, warf man sie ins Gefängnis und befahl dem Kerkermeister, sie gut zu bewachen. 24 Als er diesen Befehl empfangen hatte, warf er sie in das innerste Gefängnis und legte ihre Füße in den Block.“

 

Teilnehmer 9: Aber jetzt praktizieren Paulus und Silas den Teil der Bergpredigt, den wir heute besprechen: „25 Um Mitternacht aber beteten Paulus und Silas und lobten Gott. Und es hörten sie die Gefangenen.“

 

Teilnehmer 10: Und dann setzt sich das Recht durch. Nicht das römische Recht in Philippi, sondern das Recht des Himmelreiches, dessen Bürger Paulus und Silas sind: „26 Plötzlich aber geschah ein großes Erdbeben, sodass die Grundmauern des Gefängnisses wankten. Und sogleich öffneten sich alle Türen und von allen fielen die Fesseln ab.“

 

Teilnehmer 11: Das sieht für den Kerkermeister wie eine Katastrophe aus: 27 Als aber der Kerkermeister aus dem Schlaf auffuhr und sah die Türen des Gefängnisses offen stehen, zog er das Schwert und wollte sich selbst töten; denn er meinte, die Gefangenen wären entflohen.“

 

 

 

Titelbild: Wo Paulus die Lydia getroffen haben soll. Foto von Ian W. Scott - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=6208109

 

Teilnehmer 12: Doch Paulus, Salz und Licht zugleich, rettet ihn: 28 Paulus aber rief laut: Tu dir nichts an; denn wir sind alle hier!“

 

Teilnehmer 1:  29 Der aber forderte ein Licht und stürzte hinein und fiel zitternd Paulus und Silas zu Füßen. 30 Und er führte sie heraus und sprach: Ihr Herren, was muss ich tun, dass ich gerettet werde? 31 Sie sprachen: Glaube an den Herrn Jesus, so wirst du und dein Haus selig[1]! 32 Und sie sagten ihm das Wort des Herrn und allen, die in seinem Hause waren.“

 

Teilnehmer 2: Die Wende ist überwältigend: 33 Und er nahm sie zu sich in derselben Stunde der Nacht und wusch ihnen die Striemen. Und er ließ sich und alle die Seinen sogleich taufen 34 und führte sie in sein Haus und bereitete ihnen den Tisch und freute sich mit seinem ganzen Hause, dass er zum Glauben an Gott gekommen war.“

 

Teilnehmer 3: Inzwischen scheinen sich auch die Stadtrichter auf das Recht, dem sie verpflichtet sind, nämlich das römische, das keine Strafe ohne Prozess zulässt,[2] zu besinnen: „35 Als es aber Tag geworden war, sandten die Stadtrichter die Gerichtsdiener und ließen sagen: Lass diese Männer frei! 36 Und der Kerkermeister überbrachte Paulus diese Botschaft: Die Stadtrichter haben hergesandt, dass ihr frei sein sollt. Nun kommt heraus und geht hin in Frieden!“

 

Teilnehmer 4: Doch so billig lässt Paulus sie nicht davon kommen, und das ist ebenfalls höchst bemerkenswert: „37 Paulus aber sprach zu ihnen: Sie haben uns ohne Recht und Urteil öffentlich geschlagen, die wir doch römische Bürger sind, und in das Gefängnis geworfen, und sollten uns nun heimlich fortschicken? Nein! Sie sollen selbst kommen und uns hinausführen!

 

Teilnehmer 5: Diese Worte bleiben nicht ohne Wirkung: „38 Die Gerichtsdiener berichteten diese Worte den Stadtrichtern. Da fürchteten sie sich, als sie hörten, dass sie römische Bürger wären, 39 und kamen und redeten ihnen zu, führten sie heraus und baten sie, die Stadt zu verlassen.“

 

Teilnehmer 6: Auch dieser Aufforderung folgen Paulus und Silas keineswegs, sondern tun erst, was nötig ist: „40 Da gingen sie aus dem Gefängnis und gingen zu der Lydia. Und als sie die Brüder und Schwestern gesehen und sie getröstet hatten, zogen sie fort.“

 

Teilnehmer 7: Wieso mussten die Brüder und Schwestern getröstet werden? Es war doch gerade eine Machttat Gottes mit wunderbaren Folgen geschehen.

 

Teilnehmer 8: Ich empfinde drei Gründe für die Notwendigkeit des Trostes. 1. Es ziehen die Boten weiter, die ihnen das Evangelium verkündet haben. Lydia und ihr Haus und der Kerkermeister und sein Haus bleiben zurück. Hängen wir nicht auch an denen, die uns die frohe Botschaft nahegebracht haben? 2. Und ist es nicht besonders wohltuend, die in der Nähe zu haben, derentwegen offenbar Gott in erster Linie eingreift? Und 3.: Die „neugeborenen“ Schwestern und Brüder haben gerade gesehen, wie wetterwendisch die Umgebung auf Salz und Licht reagiert. Ist es da nicht ersehnt, gestandene Gläubige bei sich zu haben?

 

Teilnehmer 9: Das leuchtet mir ein. Die Schwestern und Brüder brauchen tatsächlich den Trost allen Trostes, nämlich, dass der Geist des Gottes allen Trostes[3] in ihnen selber ist. Gerade angesichts von Kleider herunterreißen und Stockschlägen – beides möchte ich nie erleben und zusammen schon gar nicht.

 

Teilnehmer 10: Und was lernen wir nun aus alledem?

 

Teilnehmer 11: Dass es außer der sichtbaren Realität noch eine unsichtbare Realität gibt und dass wir deswegen unabhängig von den Umständen treu sein können. Ich lese mit Erstaunen und Bewunderung die Berichte von „Open doors“ und die daraus sprechende Zeugniskraft.[4]

 

Teilnehmer 12: Und wir können lernen, dass uns alle Dinge zum Besten dienen müssen, wie es in Römer 8, Vers 28, heißt.[5]

 

Teilnehmer 5: Das möchte ich unterstreichen. Gerade wenn wir verfolgt werden, sollten wir wissen: Nichts kann uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist. Auch nicht der Tod.

 



[1] Σωθηση. Es ist auffallend, dass die Lutherfassung in Vers 30 das selbe griechische Wort mit „gerettet“ übersetzt, dann aber in Vers 31 „selig“ formuliert.

[2] Hinweis von Georg Schmid.

[3] 2. Korinther 1, 3-5.

[4] Das sagte BWL.

[5] Das sagte Georg Schmid.