Pfingsten 1.5:  Das Wort von Petrus: Es ist nicht vom Weingeist

Teilnehmer 11: Wie es mit der Wahrnehmung des Zungenredens auch sei: Der von den Spöttern geäußerte Verdacht der Trunkenheit ist der Impuls für Petrus und die anderen 11 Apostel für ein paar Klarstellungen, genauer gesagt für eine gepfefferte oder vielleicht besser gesalzene Ansprache, also einer Ansprache, in der Petrus und die anderen Apostel das tun, was Jesus schon in der Bergpredigt, Matthäus 5, Vers 13, seinen Schülern zuspricht, nämlich Salz der Erde zu sein: „Da trat Petrus auf mit den Elf[1], erhob seine Stimme und redete zu ihnen: Ihr Juden, liebe Männer, und alle, die ihr in Jerusalem wohnt,“

 

Teilnehmer 12: Moment mal. „Liebe Männer“ klingt aber eher lieb und nicht besonders gepfeffert oder gesalzen.

 

Teilnehmer 9: Nun ja, das Wort „lieb“ ist hier auch nicht im griechischen Text. Dietzfelbinger übersetzt in der Interlinear wesentlich klarer: „Männer(,) Juden und ihr Bewohnenden Jerusalem alle, ....“

 

Teilnehmer 8: Gut, hören wir, was er ihnen sagt: „das sei euch kundgetan, und lasst meine Worte zu euren Ohren eingehen! 15Denn diese sind nicht betrunken, wie ihr meint, ist es doch erst die dritte Stunde am Tage;[2] 16sondern das ist's, was durch den Propheten Joel gesagt worden ist (Joel 3,1-5):17»Und es soll geschehen in den letzten Tagen, spricht Gott, da will ich ausgießen von meinem Geist auf alles Fleisch; und eure Söhne und eure Töchter sollen weissagen, und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen, und eure Alten sollen Träume haben; 18und auf meine Knechte und auf meine Mägde will ich in jenen Tagen von meinem Geist ausgießen, und sie sollen weissagen.“

 

Teilnehmer 7: Merkwürdig. Der Prophet Joel sagt ja gar nichts vom Reden in Zungen.

 

Teilnehmer 6: Richtig. Offenbar hebt Petrus darauf ab, dass Joel von der Ausgießung des heiligen Geistes „auf alles Fleisch“ spricht. Und das wird mit dem Reden in Zungen offenbar.

 

Teilnehmer 5: Und ich finde es schön, dass „alles Fleisch“ dabei ist: Männer und Frauen, Junge und Alte.[3]

 

Teilnehmer 4: Und dann geht es für mich recht merkwürdig weiter: „19Und ich will Wunder tun oben am Himmel und Zeichen unten auf Erden, Blut und Feuer und Rauchdampf; 20die Sonne soll in Finsternis und der Mond in Blut verwandelt werden, ehe der große Tag der Offenbarung des HERRN[4] kommt.“

 

Teilnehmer 3: Ein Wunderzeichen oben am Himmel könnte die Himmelfahrt Jesu sein. Ein Wunderzeichen auf Erden könnten die feurigen Zungen sein, die gerade im Tempel erschienen, bevor die Apostel begannen, in Zungen zu reden.

 

Teilnehmer 2: Aber was ist mit Blut und Rauchdampf?

 



[1] Petrus mit den anderen 11 Aposteln einschließlich dem nach Apg. 1,26 hinzugewählten Matthias.

[2] Zur Tag-Nacht-Gleiche im Frühjahr und im Herbst entspricht die 3. Stunde in unserer Terminologie 9.00 Uhr vormittags. An Pfingsten ist es ca. 9.30 Uhr vormittags. Das erläutert Roger Liebi, Der Messias im Tempel, S. 153, Anm. 56.

[3] Das sagte Herbert Witzel am 3. Juli 2019.

[4] Der zitierten Joel-Stelle entsprechend hier groß geschrieben, wie es die aktuellen Ausgaben der Lutherbibel allerdings nur im Alten Testament tun. Wenn JHWH gemeint ist, schreiben auch die aktuellen Ausgaben der Lutherbibel im Alten Testament „HERR“ in Großbuchstaben, während sie im Neuen Testament darauf verzichten.

 

 

Titelbild: Petrus mit dem Schlüssel, den jeder Messias-Gläubige hat - vgl. Matthäus 16,19 und 18,18. Standbild in Kapernaum, Galiläa; im Hintergrund der See Genezareth. Foto: H.H.

 

Teilnehmer 10: Da könnte es einen Bezug zu „Sonnenfinsternis“ und „Blutmond“ in Vers 20 geben – wobei ich den Hinweisen von Zimmerli[1] zuneige, die in der Sonnenfinsternis den Untergang der „Sonne Jerusalem“ im Jahre 70 nach Christus sehen – es handelt sich ja um ein Zeichen auf der Erde – und in den „Blutmonden“ die Katastrophe in den anderen Städten Judäas. Petrus wird ja nicht vergessen haben, welches Gericht Jesus in Matthäus 24, 1-31, ankündigt.

 

Teilnehmer 11: Vielleicht steckt in solcher Art Sonnenfinsternissen und Blutmonden das Potential, den einen oder anderen Menschen zu veranlassen, an die Erhabenheit des Schöpfers zu denken und ihn anzurufen, mit ihm in Verbindung zu treten, bevor Gott an Seinem Tag ganz unmissverständlich offenbart, dass er der Schöpfer ist, dem es gebührt, ihn anzurufen, aber der Raum zur Umkehr nicht mehr gefunden wird. Petrus beginnt hier, die letzten „Calls“ für Israel zu geben, um seine Zerstörung (die dann im Jahre 70 nach Christus erfolgt), doch noch abzuwenden oder jedenfalls möglichst viele von Israel davor zu bewahren.[2]

 

Teilnehmer 9: Aber die Zerstörung Jerusalems ist noch nicht der Tag der Offenbarung des HERRN, der danach kommt?

 

Teilnehmer 8: Nein, die Zerstörung Jerusalems im Jahre 70 nach Christus ist allenfalls ein Vorgeschmack auf das Gericht am Ende der Tage, wenn es zur Wiederherstellung des Paradieses auf Erden notwendig sein wird, das alles Böse vernichtet wird oder – wahrscheinlich genauer - sich selbst vernichtet.[3] Schließlich vernichtete sich Jerusalem auch im Grunde selbst, weil es den Messias verwarf und sein Heil mit den eigen(sinnig)en militärischen Waffen suchte.

 

Teilnehmer 7: Damit kommen wir zum Finale des Joel-Zitates durch Petrus, der bemerkenswerterweise Joel 3, 5b[4], nicht mehr zitiert, weil das jetzt nicht dran ist: 21Und es soll geschehen: wer den Namen des HERRN[5] anrufen wird, der soll gerettet werden.«

 

Teilnehmer 1: Ich finde es sehr bemerkenswert, dass es nur einer Sache bedarf, um gerettet zu werden, nämlich den Namen des HERRN anzurufen.

 

Teilnehmer 2: Wiederum: Was hat das mit dem Reden in Zungen zu tun?

 

Teilnehmer 3: Das, was Jesus in Johannes 4,23-24, vorausgesagt hat: „23 Aber es kommt die Stunde und ist schon jetzt, dass die wahren Anbeter den Vater anbeten werden im Geist und in der Wahrheit; denn auch der Vater will solche Anbeter haben. 24 Gott ist Geist, und die ihn anbeten, die müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten.“

 

Teilnehmer 4: Du meinst, dass „Gott im Geist anbeten“ bedeutet, in Zungen zu reden?

 

Teilnehmer 3: Ja. Was ist Anbetung anderes, als „von den großen Taten Gottes“ zu reden, wie es in Apostelgeschichte 2, Vers 11, heißt? Das ist, was alle die Juden aus anderen Ländern in Apostelgeschichte 2, 8-11, hörten, als die Apostel in Zungen redeten.

 

Teilnehmer 2: Und dann finde ich es sehr bemerkenswert, dass Petrus nach dieser Feststellung zum Charakter des Redens in Zungen und dem Zusammenhang mit der Dringlichkeit, den HERRN anzurufen, um sich retten zu lassen, zu einer sehr offensiven Rede übergeht.

 



[1] Bruno Zimmerli, Um Himmels willen, S. 150-160.

[2] Vgl. Bruno Zimmerli, ebenda.

[3] Vgl. Offenbarung 20, 10-15. Vgl. dazu auch Adrian Ebens, Agape, Maranathamedia 2018, S. 156 f.

[4] Joel 3, 5b: „Denn auf dem Berge Zion und zu Jerusalem wird Errettung sein, wie der HERR verheißen hat, und bei den Entronnenen, die der HERR berufen wird.“

[5] Der zitierten Joel-Stelle entsprechend hier groß geschrieben, wie es die aktuellen Ausgaben der Lutherbibel allerdings nur im Alten Testament tun. Wenn JHWH gemeint ist, schreiben auch die aktuellen Ausgaben der Lutherbibel im Alten Testament „HERR“ in Großbuchstaben, während sie im Neuen Testament darauf verzichten.