Pfingsten 1.3:  Mit Menschen- und mit Engelszungen

Teilnehmer 12: In Apostelgeschichte 2 gibt es aber noch etwas, das sehr beeindruckt. Das wird ganz deutlich in den Versen 5 bis 11 von Apostelgeschichte 2: „Es wohnten aber in Jerusalem Juden, die waren gottesfürchtige Männer aus allen Völkern unter dem Himmel. Als nun dieses Brausen geschah, kam die Menge zusammen und wurde bestürzt; denn ein jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache reden. Sie entsetzten sich aber, verwunderten sich und sprachen: Siehe, sind nicht diese alle, die da reden, aus Galiläa? Wie hören wir denn jeder seine eigene Muttersprache? Parther und Meder und Elamiter und die wir wohnen in Mesopotamien und Judäa, Kappadozien, Pontus und der Provinz Asien, Phrygien und Pamphylien, Ägypten und der Gegend von Kyrene in Libyen und Einwanderer aus Rom, Juden und Judengenossen, Kreter und Araber: wir hören sie in unsern Sprachen von den großen Taten Gottes reden.“

 

Teilnehmer 1: Das ist in der Tat überwältigend. Die Apostel waren ja einfache Leute aus Galiläa, die nicht wesentlich über das Gebiet von Israel hinaus gekommen waren und die die vielen genannten Sprachen nie gelernt hatten. Sie sprachen einfach, was der heilige Geist ihnen gab auszusprechen.

 

Teilnehmer 2: Und das hat noch niemand von uns erlebt, dass seine Zungensprache von einem anderen Menschen verstanden wurde.

 

Teilnehmer 8: Doch. Die Zungensprache meiner Frau wurde in Israel als Hebräisch identifiziert. Sie wurde gefragt, woher sie so gut Hebräisch könne, aber sie hat es nie gelernt. Und meine Zungenrede klingt wie Arabisch.[1]

 

Teilnehmer 3: Und so wird immer mal wieder davon berichtet. Volkhard Spitzer erwähnte in einer Predigt im Südstern, dass sich ein Neuer in einer Versammlung erkundigt habe, woher denn eine alte Dame, die gesprochen habe, so fließend Latein könne. Aber die alte Dame wusste gar nicht, dass sie Latein gesprochen hatte, denn sie hatte in Zungen geredet – wie der Geist ihr gab auszusprechen.[2]

 

Teilnehmer 7: Manche sprechen allerdings – gerade im Bezug auf Apostelgeschichte 2, 5-11 – von einem „Hörwunder“. Das soll sagen, dass die Apostel gar nicht in verständlichen Sprachen sprachen, sondern die Zuhörer es nur so vernahmen.

 

Teilnehmer 6: Das scheint mir der biblische Text aber nun gar nicht herzugeben.

 

Teilnehmer 4: Wie dem auch sei -  Berichte, dass einzelne Zuhörer eine Rede in Sprachen, die Gott eingibt, auch verstehen, hören wir immer wieder. Natürlich muss da dann auch jemand sein, der diese Sprache versteht, die da gesprochen wird, um es überhaupt festzustellen. Und sie muss für den Redenden völlig unbekannt sein.

 

Teilnehmer 5: Aha. In einer Versammlung, in der alle nur eine Sprache wie z.B. Deutsch sprechen, kann es das Phänomen nicht geben, dass eine von Gott eingegebene Sprache, die der Redende nicht versteht, von einem anderen Anwesenden verstanden wird.

 

Teilnehmer 12: Ja, das geht nur in einer Versammlung, in der manche, aber durchaus nicht alle (auch) andere Sprachen sprechen, die die in einer von Gott eingegebenen Sprache Sprechenden nicht verstehen - wie es zum Pfingstfest in Jerusalem der Fall war.

 

Teilnehmer 9: Verstanden denn die Apostel selbst nicht, was sie da redeten?

 

Teilnehmer 10: Nein, sie selbst verstanden es nicht. Natürlich nicht. Sie sprachen nur die Silben, Worte und Sätze aus, die sie empfingen. Das geht aus 1. Korinther 14, Vers 2, hervor: „Denn wer in Zungen redet, der redet nicht für Menschen, sondern für Gott; denn niemand versteht ihn, vielmehr redet er im Geist von Geheimnissen.“

 

Teilnehmer 7: Wobei ich darauf hinweisen möchte, dass das Wort „für“ nicht im griechischen Text steht. Dort steht einfach nur der Dativ von „Menschen“ oder „Gott“. Die Interlinear übersetzt denn auch „zu Menschen“ und „zu Gott“. Wir könnten auch „mit Menschen“ und „mit Gott“ übersetzen, zumal wir ja nicht selten während des Redens in von Gott eingegebenen Zungen oder danach Antworten von Gott auf Fragen erwarten, die uns gerade in unserem Sinn beschäftigen.

 

Teilnehmer 11: Ich bin noch bei Teilnehmer 10, der gerade sagte, dass niemand versteht, was – von anderen – in einer von Gott eingegebenen Sprache geredet wurde. Das verstehe ich nämlich nicht. Wir haben doch gerade in der Apostelgeschichte gelesen, dass die Apostel von all denen verstanden wurden, in deren Sprache sie sprachen, ohne diese Sprache selbst zu verstehen.

 

Teilnehmer 10: Ja, Du hast Recht. In 1. Korinther 14, Vers 2, gibt die Lutherfassung, egal, ob 1984 oder 2017, die wir in der Regel zugrunde legen, nicht sehr gut wieder, was im ursprünglicheren griechischen Text steht. Bei den Worten „denn niemand versteht ihn“ steht das Wort „ihn“ nicht im griechischen Text. Die Übersetzer haben es ihrem Verständnis entsprechend hinzugefügt. Das ist aber ein Missverständnis. Es muss bei „denn niemand versteht“ bleiben – derjenige, der in Zungen redet, versteht nicht, was er redet. Vielmehr redet er im Geist Geheimnisse. Aber wenn es andere Anwesende gibt, die diese Sprache als Muttersprache sprechen oder weil sie sie gelernt haben, verstehen sie natürlich, was in einer „Zungensprache“[3] geredet wurde.

 

Teilnehmer 12: Aber offenbar verstehen nach 1. Korinther 14 auch die Zuhörer nicht, was in Zungen geredet wird. Paulus scheint nämlich großen Wert darauf zu legen, dass die Zungenrede auch ausgelegt wird. So jedenfalls verstehe ich Vers 5: „Ich wollte, dass ihr alle in Zungen reden könntet; aber noch viel mehr, dass ihr prophetisch reden könntet. Denn wer prophetisch redet, ist größer als der, der in Zungen redet; es sei denn, er legt es auch aus, damit die Gemeinde dadurch erbaut werde.“

 

Teilnehmer 11: Manchmal scheint es mir so, als ob die von Gott eingegebene Auslegung in der Gemeinde an die Stelle der für viele Zuhörer zumindest in der Pfingstversammlung nach Christi Himmelfahrt verständlichen Zungensprache getreten ist. Wie wir schon besprochen haben, kann dies für „einsprachige“ Versammlungen gar nicht anders sein. Aber auch darüber hinaus ist es wohl eher selten, dass eine Zungenrede direkt von einzelnen Anwesenden verstanden wird. Daher die Notwendigkeit der Auslegung, wenn die Zungensprache in einer Versammlung angewandt wird und nicht nur im persönlichen Gebetsleben zur eigenen Erbauung.

 


[1] Das berichtete Georg Schmid.

[2] Das berichtete Oliver Wurl.

[3] Das Wort „Zungensprache“ oder „Zungenrede“ ist wörtlich genommen ein extremer Pleonasmus, denn alles Sprechen oder Reden geschieht mit der Zunge in einer Sprache und in manchen (gerade den alten) Sprachen wird für Zunge und für Sprache das gleiche Wort benutzt. „Zungensprache“ oder „Zungenrede“ wird aber in biblischen Texten sowie in Texten über die Bibel verwandt, um kurz und knapp auszudrücken, dass es sich um eine Sprache handelt, die Gott eingegeben hat.

 

Titelbild:
Heiliger Geist, symbolisiert durch eine Taube. Foto: H.H., 8.8.2014, Schlosskapelle Liebenberg.

 

Teilnehmer 10: Das könnte einem ja wie ein Downgrading, ein Abstieg, ein „Weniger“ vorkommen. Es wird nicht (mehr) die Zungenrede selbst von einem oder mehreren Hörern verstanden, die dieser Sprache mächtig sind, sondern „nur“ die Auslegung in der Sprache der Anwesenden wird verstanden. Geht da nicht ein wesentlicher, um nicht zu sagen wundersamer Effekt verloren? Der sich in den Versen 7 und 8 von Apostelgeschichte 2 spiegelt: Sie entsetzten sich aber, verwunderten sich und sprachen: Siehe, sind nicht diese alle, die da reden, aus Berlin, Westfalen, der Pfalz, Bayern oder Schwaben? Wie hören wir denn jeder, komme er nun aus Kamerun, Ghana, Bhutan, China oder Kambodscha, seine eigene Stammessprache?

 

Teilnehmer 9: Dieses Wunder oder Verwundern ist ja nur möglich, wenn die einen (die Zuhörer) Sprachen sprechen, die die in Zungen Sprechenden nicht verstehen. Bei einer Fremdsprache wie zum Beispiel Englisch ist das eher nicht der Fall.

 

Teilnehmer 8: Wenn wir schon über die Auslegung als ein Downgrading, ein Minus gegenüber dem  direkten Verstehen sprechen: Ich glaube eher, dass es ein Upgrading, eine Aufwertung, ein Plus ist. In Apostelgeschichte 2 verstehen die Apostel nicht, was sie in den ausländischen Sprachen reden. Die Initialzündung überfordert sie nicht. Bei einer Auslegung hinzuhören, was Gott jetzt in der eigenen Sprache des Auslegenden (und der Zuhörenden) gesagt haben möchte, erfordert womöglich mehr Gottvertrauen, Übung und Disziplin als die Zungenrede selbst.

 

Teilnehmer 2: Wenn wir heutzutage in Zungen reden, scheint es jedenfalls eher die Regel zu sein, dass wir in Engelszungen reden, und eher die Ausnahme, dass wir in einer Menschenzunge reden, die zwar wir als Redende nicht verstehen, aber möglicherweise eben einige der Zuhörer, wie es an dem Pfingsttag in Apostelgeschichte 2 geschah.

 

Teilnehmer 1: Wie kommst Du denn nun auf Menschen- und auf Engelszungen?

 

Teilnehmer 2: Das habe ich aus dem ersten Vers in 1.Korinther 13.

 

Teilnehmer 3: Jetzt habe ich aber doch auch noch eine Frage zum „Gebot“ des Zungenredens in 1. Korinther 14, 5[1]. Wenn weder derjenige, der in Zungen redet, versteht, was er redet, noch diejenigen, die zuhören, was soll dann das Ganze? Warum nicht sich beschränken auf prophetisches Reden in der Sprache der Versammelten, das nach demselben Vers der Auslegung entspricht?

 

Teilnehmer 4: Diese Frage beantwortet Paulus in Vers 4 von 1. Korinther 14: „Wer in Zungen redet, der erbaut sich selbst; wer aber prophetisch redet, der erbaut die Gemeinde.“ Es geht darum, dass wir dem heiligen Geist in uns erlauben, mit Gott über göttliche Geheimnisse zu reden, damit anschließend der heilige Geist in uns unserem Verstand etwas von Gott mitteilen kann. Es geht darum, die Relaisstation in uns, die wir mit dem heiligen Geist in uns haben, zu nutzen und dadurch geistlich stark zu werden.[2] Wenn man so will, versichern wir uns mit dem Reden in Zungen noch einmal unseres Rückhalts in Gott und erfahren von ihm Stärkung.

 

Teilnehmer 12: Und vor allem

 

Teilnehmer 5: Das mit dem Rückhalt würde ich ja auch zu gerne verstehen.

 

Teilnehmer 6: Vielleicht helfen da ein paar andere Verse weiter. Römer 8, 14 bis 17: „Denn welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder. Denn ihr habt nicht einen knechtischen Geist empfangen, dass ihr euch abermals fürchten müsstet; sondern ihr habt einen kindlichen Geist empfangen, durch den wir rufen: Abba, lieber Vater! Der Geist selbst gibt Zeugnis unserm Geist, dass wir Gottes Kinder sind. Sind wir aber Kinder, so sind wir auch Erben, nämlich Gottes Erben und Miterben Christi, wenn wir denn mit ihm leiden,[3] damit wir auch mit zur Herrlichkeit erhoben werden.“

 

Teilnehmer 7: „Der Geist selbst gibt Zeugnis unserm Geist, dass wir Gottes Kinder sind.“ Ja, das erlebe ich immer wieder. Wenn ich in Zungen rede, weiß ich wieder, dass ich Gottes Kind bin, dass Jesus mein Bruder ist und dass ich sein Miterbe bin. Das führt mich aus Angst und Zweifel heraus und ich fühle die Kraft, die Liebe und den göttlichen Sinn des Lebens in mir.

 

Teilnehmer 1: Wir können ja den heiligen Geist in uns nicht sehen, riechen schmecken, sondern nur die Wirkung.[4] Und bei manchen Wirkungen gibt es alternative Erklärungen. Bei dem Reden in Zungen ist ziemlich eindeutig, dass der heilige Geist in uns die Ursache ist.

 

Teilnehmer 8: Ja, das Zeugnis des Geistes in mir ist meine Grundlage, selber Zeuge zu sein – und wenn es sein soll, bis an das äußerste Ende der Erde.

 

Teilnehmer 9: Möge es bei uns allen Pfingsten werden. Jeder, der Jesus als den auferstandenen Herrn bekennt und an ihn in seinem Herzen glaubt, kann in Zungen reden, wenn er will. Er braucht nur anzufangen – wie die Apostel.

 

Teilnehmer 10: Und er wird damit in Menschen- oder Engelszungen „von den großen Taten Gottes reden“!

 

Teilnehmer 11: An dieser Stelle möchte ich ein paar Strophen eines Liedes frei nach Philipp Spitta[5] einflechten:

 

Gott gab den Geist der Wahrheit 
und kehret bei uns ein, 


verbreitet Licht und Klarheit, verbannet Trug und Schein.


Gießt aus sein heilig Feuer, rührt Herz und Lippen an,
            

dass jeglicher getreuer den HErrn bekennen kann.

 

 

Gott gibt es auszusprechen, wenn wir dazu bereit.

Wenn wir in Zungen reden, schmecken wir Herrlichkeit.

Sind wir mit ihm verbunden, gibt es Geborgenheit,

gibt es der Seele Ruhe grad in der fordernd Zeit.

 

Teilnehmer 12: Doch heute wie vor 2000 Jahren gefällt das Reden in Zungen längst nicht allen Gläubigen.

 



[1] Vgl. dazu auch den – noch nicht bei www.bibelbundberlin.de veröffentlichten - Hauskreisdialog „Pfingsten 7“ zu 1. Korinther 14.

[2] In seiner Ausarbeitung „III. Wege zur Erfahrung von Feuer und Kraft“, verteilt im Mai 2012, hat Wolfhard Margies, jahrzehntelanger Leitender Pastor der Berliner Gemeinde auf dem Weg, eindringlich darauf aufmerksam gemacht, dass die Gabe des heiligen Geistes von hohem Nutzen ist (insbesondere Seiten 2 und 11). „Es ist gut für euch“, heißt es in Johannes 16,7 in der Lutherfassung. Im Griechischen steht: συμφερει υμιω – es nützt euch.

[3] Hier sei angemerkt, dass die Erbschaft daran hängt, dass die Kinder sich „leiden“schaftlich engagieren.

[4] Das stellte Oliver Wurl am 3.6.2020 fest.

[5] Seite „Philipp Spitta“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 29. Mai 2020, 19:03 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Philipp_Spitta&oldid=200449124 (Abgerufen: 7. Juni 2020, 20:03 UTC)