Pfingsten 5.6: Jesus heilt Aussatz. Relevanz damals Extrem Hoch – und heute?

Teilnehmer 9: Nach der Massenheilung in Matthäus 4 berichtet Matthäus die erste individuelle Heilung direkt nach der Bergpredigt, die in den Kapiteln 5 bis 7 wiedergegeben wird,[1]  in Matthäus 8, Verse 1-4.

 

Teilnehmer 10: In Matthäus 4 nach Taufe, Versuchung und Berufung der ersten Jünger besteht schon ein enger Zusammenhang zwischen Lehren und Heilen durch Jesus. Und so geht es unmittelbar nach der Bergpredigt weiter.

 

Teilnehmer 11: Dann beginne ich mal zu lesen: 1 Als er aber vom Berge herabging, folgte ihm eine große Menge. 2 Und siehe, ein Aussätziger kam heran und fiel vor ihm nieder (Markus: kniete nieder) und sprach: Herr, wenn du willst, kannst du mich reinigen.“

 

Teilnehmer 12: Oh, der Aussätzige kam Jesus aber schon bedrohlich nahe. War das überhaupt erlaubt? [2]

 

Teilnehmer 1: Außerhalb der Ortschaften wohl schon, und Jesus kam hier ja gerade vom Berg herab, auf dem er die berühmt werdende Bergpredigt gehalten hatte. Trotzdem scheint es eher ungewöhnlich. Eigentlich mussten die Lepra-Kranken ja schon von weitem rufen: Unrein, unrein. Sie lebten in einem abgesonderten Bezirk der Stadt und durften den Tempelbezirk nicht betreten.[3]

 

Teilnehmer 7: Lukas, Kapitel 5, Vers 12, erwähnt, dass es ein Mann „voller Aussatz“ war. Nach Arnold Fruchtenbaum war es eine voll entwickelte Leprakrankheit des Typs Morbus Hansen.[4] Und es war die allgemeine Überzeugung, dass es keine Möglichkeit gab, eine jüdische Person von Lepra zu heilen. Seit der Gesetzgebung vom Sinai war das nicht passiert und die rabbinischen Schriften enthielten – im Gegensatz zu vielen anderen Krankheiten – kein Heilverfahren dafür. Vielmehr galt Aussatz als ein Gericht Gottes.

 

Teilnehmer 2: Dieser Aussätzige hat aber offenbar mitgekriegt, dass Jesus alle Krankheiten und Gebrechen heilte, wie es in Matthäus 4, 23 heißt. Da ist er überzeugt, dass er auch ihn heilt, obwohl in natürlichen Kategorien gedacht „die Krankheit bald das Leben dieses Leprakranken beenden würde.“[5] Der Leprakranke geht trotz all dieser natürlichen Aussichtslosigkeit voller Vertrauen auf Empfang. Glauben, was offensichtlich zur Verfügung steht, und Heilung empfangen.

 

Teilnehmer 3: Wer begründet vertraut, der empfängt. Was für alle ist, ist auch für ihn. Und Jesus glaubt offenbar auch. Wer glaubt, was zur Verfügung steht, kann geben: „3 Und Jesus streckte die Hand aus, rührte ihn an und sprach: Ich will's tun; sei rein! Und sogleich wurde er von seinem Aussatz rein.“ Markus weist noch darauf hin, dass Jesus von Erbarmen erfasst wurde – Luther: es jammerte ihn. Und Markus wie auch Lukas betonen: Der Aussatz wich von ihm – vielleicht mehr als die Redefigur der Personifikation.

 

Teilnehmer 5: Jesus berührt den Unberührbaren! Das musste dessen Glauben über alle Maßen groß werden lassen.

 

Teilnehmer 4: Aber dann kommt ein seltsames Nachspiel: „4 Und Jesus sprach zu ihm: Sieh zu, sage es niemandem, sondern geh hin und zeige dich dem Priester und opfere die Gabe, die Mose befohlen hat, ihnen zum Zeugnis.“ Bei Markus kommt das in Vers 43 noch dramatischer raus: „Und Jesus drohte ihm und trieb ihn als bald von sich“ und dann geht es quasi wortgleich weiter wie bei Matthäus.

 

Teilnehmer 5: Wer ist „ihnen“? Wem soll der Geheilte etwas bezeugen?[6]

 

Teilnehmer 6: Hier kann uns Arnold Fruchtenbaum wichtige Informationen geben: Mose schrieb zwei lange Kapitel – 3. Mose 13-14 – mit jeweils über 50 Versen, die davon handeln, was die Priester zu tun hätten, wenn jemand vom Aussatz geheilt würde. Aber seither wurde kein Jude vom Aussatz geheilt. Deswegen entwickelte sich die rabbinische Lehre, dass ein jüdischer Aussätziger nur vom Messias würde geheilt werden können.

 



[1] Vgl. die Hauskreisdialoge zum „Glück“.

[2] Die Frage stellte BWL.

[3] Arnold G. Fruchtenbaum, Das Leben des Messias, 5. Auflage Hünfeld 2010, S. 30 f.

[4] Vgl. Arnold Fruchtenbaum, Jeschua, S. 139-145.

[5] Fruchtenbaum, Jeschua, S. 143.

[6] Diese Frage stellte Oliver Wurl.

 

Titelbild: Jesus heilt einen Aussätzigen. Urheber: Jan Luyken. In: Bowyer Bible in Bolton Museum, England. Entnommen aus “An Illustrated Commentary on the Gospel of Mark” by Phillip Medhurst. Aufnahme von Phillip Vere - http://wfurl.com/a6ea272. Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=9393752.

 

Teilnehmer 7: Aha. Es geht also um das Zeugnis denen gegenüber, die zu beurteilen hatten, ob Jesus der Messias ist. Wenn dieser Aussätzige tatsächlich geheilt worden war, dann war das ein ganz starker Hinweis darauf, dass der Heilende der Messias war. Also galt es zu prüfen: War dieser Mann aussätzig? Wurde er geheilt? Von wem wurde er geheilt? Die Phase kritischer Beobachtung durch den Hohen Rat beginnt: Ist dieser Jesus, der gerade ein „messianisches Wunder“ vollbracht hat, wirklich der Messias? Niemand ist mehr an einer Klärung dieser Frage interessiert als Jesus – im Interesse Israels.

 

Teilnehmer 8: „ihnen zum Zeugnis“. Vanheiden, Neue Evangelistische Übersetzung: „Das soll ein Beweis für sie sein.“ Ja, jetzt wissen wir, was für ein Beweis es sein soll: Dass Jesus von Nazareth der Messias ist. Und es soll letztlich ein Beweis für den Hohen Rat, für die Führung der Juden sein.

 

Teilnehmer 1: Während Matthäus an dieser Stelle den Bericht beendet, geht es bei Markus und Lukas noch weiter. Markus 1: „45 Er aber ging fort und fing an, viel davon zu reden und die Geschichte bekannt zu machen, sodass Jesus hinfort nicht mehr öffentlich in eine Stadt gehen konnte; sondern er war draußen an einsamen Orten; und sie kamen zu ihm von allen Enden.“

 

Teilnehmer 2: Und Lukas bringt in Kapitel 5 wichtige zusätzliche Aspekte: „15 Aber die Kunde von ihm breitete sich immer weiter aus, und es kam eine große Menge zusammen, zu hören und gesund zu werden von ihren Krankheiten. 16 Er aber entwich in die Einöde und betete.“

 

Teilnehmer 9: Wofür betet Jesus denn? Dass der Beweis für die Heilung des Aussätzigen die Priester und schließlich den Hohen Rat überzeugt, dass Jesus der Messias ist? Denn das Verfahren wird ja womöglich dadurch nicht einfacher, dass der Geheilte natürlich nicht seinen Mund halten kann und die Menge zu Jesus strömt, um geheilt zu werden.

 

Teilnehmer 3: Vielleicht betet er auch dafür, dass ihm die Kraft für weitere Heilungen zufließt. In Lukas 5, Vers 17 b, heißt es jedenfalls „Und die Kraft des Herrn war mit ihm, dass er heilen konnte.“ Und das klingt so, als ob das nicht überall und automatisch der Fall war. Wenn eine große Menge gesund werden wollte, musste er wohl unseren himmlischen Vater kontaktieren, um Worte der Weisheit und der Erkenntnis zu bekommen.

 

Teilnehmer 10: Woher wissen wir denn, dass Lukas über dieselbe Situation berichtet wie Matthäus?[1]

 

Teilnehmer 11: Das ist in der Tat sehr sorgfältig zu prüfen. Aber der zeitliche Zusammenhang und viele Details der Berichte auch in Markus 1, 40-45, sprechen schon sehr dafür. Auf jeden Fall können wir festhalten: Jesus hat nach den Kriterien der Rabbiner ein messianisches Wunder vollbracht, und die spannende Frage ist: Lassen sich die Schriftgelehrten in Übereinstimmung mit ihren eigenen Kategorien überzeugen?

 

Teilnehmer 12: Und ich habe eine Frage an uns. Wo fühlen wir uns aussätzig bzw. befürchten den Aussatz, das Aussetzen aus der Gesellschaft, wenn wir bestimmte Dinge offenbaren, die uns bewegen? Fehler, Defizite, Ängste, (Minderheits-)Meinungen? Gehen wir da zu Gott oder zu einem Bruder, um über die Furcht zu sprechen und uns von dieser Furcht oder auch von der Tatsache des Ausgesetztseins heilen zu lassen? [2]

 

Teilnehmer 1: Vielleicht konkreter: Wo empfinden wir den Schmerz, nicht dazu zu gehören, obwohl wir doch so gerne dazu gehören möchten? Vertrauen wir diese Stelle Gott oder einem Bruder oder einer Schwester an, damit die Wunde heilt? Sind wir empfangsbereit? Empfangsbereit auch für neuen Mut, nicht zu verbergen, was an die frische Luft drängt?

 

Teilnehmer 7: Ja, das oft empfundene Leiden „Ich gehöre nicht dazu“ ist ein häufiges Thema in Seelsorge und Beratung, insbesondere von „Aufbruch Leben“.  Auch in christlichen Gemeinden gibt es dieses Leiden. Zinzendorf dichtet nicht ohne Grund: „Laß uns so vereinigt werden, wie Du mit dem Vater bist, bis schon hier auf dieser Erden kein getrenntes Glied mehr ist.“[3]

 

Teilnehmer 8: Genau an dieser Stelle möchte ich Hans und Teen Challenge danken, die sich in Berlin - und Teen Challenge in aller Welt - um diejenigen kümmern, die keinen anderen Ausweg wussten, als sich selbst in den gesellschaftlichen Aussatz zu katapultieren.

 

Teilnehmer 2: Und ich danke Angelika und Jonas Haus, die sich um Kinder und Jugendliche kümmern, um die sich die Eltern nicht kümmern konnten oder wollten, Kinder, die sich nicht selten als Ausgesetzte fühlen.

 



[1] Diese Frage stellte Klaus-Peter Witt.

[2] Diese Fragen stellte Aha.

(3) Aus dem Lied "Herz und Herz vereint zusammen". Vgl. zu dieser Vereinigung auch den Dialog "Pfingsten 3.14. Zusammenfassung: Die Dreieinigkeit von Vater, Sohn und Gemeinde im Geist".