Leiden 2.5:  Als die Stunde kam

Teilnehmer 5: Matthäus fährt in Kapitel 26, Vers 20 fort: „20Und am Abend setzte er sich zu Tisch mit den Zwölfen.“ Da muss man doch meinen, dass sie zusammen das Passalamm aßen. Und zwar, obwohl das dem Johannes-Evangelium widerspricht, nach dem Jesus das Passalamm nicht mehr aß – er wurde schon vor dem Passamahl vom Kreuz genommen, war also schon tot.

 

Teilnehmer 7: Lukas schreibt ähnlich in Kapitel 22, Vers 14: „14Und als die Stunde kam, setzte er sich nieder[1] und die Apostel mit ihm.“

 

Teilnehmer 6: Ich verstehe schon, dass man aus den Texten von Matthäus, Markus und Lukas schließt, dass es das Passamahl war. Das habe ich auch lange so angenommen. Aber genau da setzt ja das Johannes-Evangelium ein, um vor diesem Missverständnis zu bewahren. Und im Licht des Johannes-Evangeliums sehen wir dann, dass auch bei Matthäus, Markus und Lukas nicht steht, dass sie an diesem Abend Passa feierten.[2]

 

Teilnehmer 11: Ist überhaupt die Rede davon, dass ein Lamm gegessen wird? Es muss noch nicht einmal der Raum sein, den sie gerade vorbereitet hatten. Es kann irgendwo in Jerusalem sein, aber mindestens genau so wahrscheinlich ist es, dass es in Betanien ist.

 



[1] Interlinear: legte er sich zu Tisch.

[2] Das macht auch Joseph Ratzinger in seinem Buch „Jesus von Nazareth“, Zweiter Teil, S. 131-133, unter Hinweis auf John P. Meier, A Marginal Jew I, sehr deutlich.

 

 

Titelbild: Standuhr, oberer Teil. Foto: H.H.

 

Teilnehmer 10: Aber es könnte doch auch das Abendessen, von dem Matthäus, Markus und Lukas schreiben, früher gewesen sein als das allgemeine Passafest und doch so etwas wie ein Passamahl für Jesus gewesen sein. Wegen der unterschiedlichen Bedeutungen des Wortes Passa ist aus diesen griechischen Grundtexten her nicht nachweisbar, dass Jesus und seine Jünger bei diesem ihrem besonderen 'Abendmahl' auch ein Lamm gegessen haben oder evtl. ein Mahl ohne Lamm, also nur ein sogenanntes 'Ketzer'-Pessach-Seder hatten, wie es wohl auch möglich war. Gerade wegen der Überfüllung mögen auch die Galiläer ihr Passa um ein paar Tage vorgezogen haben.[1]

 

Teilnehmer 1: Indes will es nicht recht einleuchten, dass Jesus, der von sich in Matthäus 5,17-18, sagt, dass er nicht gekommen ist, das Gesetz aufzulösen, sondern bis aufs Tüpfelchen zu erfüllen, ein „Ketzer-Passa“ hält oder wegen der Überfüllung in Jerusalem sein „galiläisches Passa“ einfach mal ein paar Tage früher abhält.

 

Teilnehmer 8: Es ist aber noch etwas zu bedenken, das für eine Passafeier spricht. Lukas schreibt doch „14Und als die Stunde kam ...“. Wenn das nicht die Stunde ist, zu der man das Passalamm isst, welche Stunde soll denn dann gekommen sein?[2]

 

Teilnehmer 9: Das führt Johannes zu Beginn von Kapitel 13 aus: „1Vor dem Passafest aber erkannte Jesus, dass seine Stunde gekommen war, dass er aus dieser Welt ginge zum Vater; und wie er die Seinen geliebt hatte, die in der Welt waren, so liebte er sie bis ans Ende.“

 

Teilnehmer 10: Was soll das heißen? Meinst Du, dass Jesus erst zustimmte, für das Passamahl zwei Tage später den Raum zu sichern, dass ihm dann aber vor dem Abendessen an diesem Tage klar wurde, dass die Juden nicht erst nach dem Passafest, sondern mit der Hilfe von Judas Iskariot noch vor dem Passafest zuschlagen werden, um ihn auszuschalten?

 

Teilnehmer 11: Dazu im nächsten Abschnitt.

 



[1] Dies gab Georg Schmid zu bedenken. Joseph Ratzinger/Benedikt XVI, Jesus von Nazareth, Zweiter Teil, Herder o.J., entscheidet sich in dem Kapitel „Das Datum des letzten Abendmahls“, S. 126-134, für die Darlegung von John P. Meier: „Die gesamte johanneische Tradition  ... stimmt vollständig mit der ursprünglichen synoptischen Tradition über den nicht dem Pascha zugehörigen Charakter des Mahles überein“ (A Marginal Jew I, S 398). Da dann aber Jesus zwei Tage später selber unser Passalamm wird, ergibt sich doch ein Zusammenhang mit dem ursprünglichen Passa, wie Paulus in 1. Korinther 5,7 deutlich macht und Ratzinger/Benedikt ebenda aufgreift.

[2] Diese Frage stellte Oliver Wurl.